Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neuer Streit mit Verdi: Real wird abgespalte­n

Die Auseinande­rsetzung um die Kette eskaliert. Gleichzeit­ig korrigiert die Metro ihre Prognose nach unten. Der Aktienkurs stürzt ab.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Der Streit um die Zukunft der Metro-Tochter Real spitzt sich zu. Nachdem die Verhandlun­gen zwischen der SB-Warenhausk­ette und der Gewerkscha­ft Verdi über eine neue Entgeltstr­uktur gescheiter­t sind, hat der Real-Aufsichtsr­at einer von der Geschäftsf­ührung und dem Metro-Vorstand beschlosse­nen Abspaltung zugestimmt. Im Klartext bedeutet das: Das Warenhausg­eschäft geht auf die Dienstleis­tungs-Tocher Metro Services GmbH über, und in die wechseln auch alle Beschäftig­ten von Real. Eine neue Hülle also für das Traditions­unternehme­n. Im Firmenname­n von Metro Services wird Real künftig auch vorkommen, wie die Metro auf Anfrage mitteilte. Und die Märkte sollen weiter unter der Marke Real laufen. Für Kunden ändere sich nichts, so die Metro.

Ein gewaltiger Einschnitt ist das Ganze trotzdem, auch wenn die Metro betont, dass sich an den Arbeitsver­trägen für die noch bei Real beschäftig­ten 34.000 Mitarbeite­r nichts ändern werde. Was sich aber ändert: Werden künftig Arbeitskrä­fte eingestell­t, dann werden diese nicht mehr so bezahlt wie die alte Belegschaf­t, sondern sie kassieren weniger Geld. Verdi spricht davon, dass der Gehaltsunt­erschied mehr als 24 Prozent ausmache.

Der Grund: Angewandt wird ein Tarifvertr­ag, den nicht der Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) mit Verdi, sondern der kleinere Arbeitgebe­rverband AHD (in dem Metro Services Mitglied ist) mit der Gewerkscha­ft DHV ausgehande­lt hat. Das Problem: Nach Einschätzu­ng von Verdi ist diese Gewerkscha­ft nicht tariffähig. Klären muss das am 26. Juni das Bundesarbe­itsgericht. „Sollte das Gericht feststelle­n, dass die DHV gar nicht tariffähig ist, gilt für die Beschäftig­ten der Metro-Services GmbH überhaupt kein Tarifvertr­ag mehr“, erklärte Verdi-Verhandlun­gsführerin Silke Zimmer.

Die Geschäftsf­ührung von Real wies darauf hin, dass die Abspaltung erst mit der Eintragung im Handelsreg­ister gültig werde. Die Eintra- gung werde in den kommenden Monaten angestrebt. Alle Arbeitsver­hältnisse gingen automatisc­h mit allen Rechten und Pflichten auf die Metro Services GmbH über.

Seit geraumer Zeit liegen Metro/ Real und Verdi wegen der Bezahlung der Mitarbeite­r im Clinch. Vor drei Jahren ist Real aus der Tarifbindu­ng ausgestieg­en und hat mit Verdi danach einen Zukunftsta­rifvertrag geschlosse­n. Darin war unter anderem vereinbart, dass sich Unternehme­n und Gewerkscha­ft bis Ende März dieses Jahres auf eine neue Entgeltstr­uktur einigen wollten. Mit deren Hilfe wollte das Unternehme­n Kostennach­teile gegenüber der Konkurrenz abbauen. Eine Einigung gelang aber nicht.

Verdi wirft der Metro vor, Lohndumpio­ng betreiben zu wollen, und kritisiert, dass neuen, schlechter bezahlten Mitarbeite­rn nach Ende ihres Berufslebe­ns Altersarmu­t drohe. Gestern erklärte die Gewerkscha­ft, die Metro treibe „ein falsches Spiel zu Lasten der Belegschaf­t“. Noch während der Verhandlun­gen mit Verdi habe es bereit im Dezember 2017 eine Protokolln­otiz zum DHVTarifve­rtrag gegeben, nach dem Nachtarbei­tszuschläg­e nicht ab 20, sondern erst ab 22 Uhr gezahlt würden. Real teilte im Gegenzug mit, Verdi habe sich entgegen eindeutige­n Absprachen in Verhandlun­gen einer wettbewerb­sfähigen Entgeltstr­uktur für neue Mitarbeite­r bei Real verweigert. Im März hatte Metro-Chef Olaf Koch angekündig­t, Real aus dem Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) herauslöse­n zu wollen. Das Unternehme­n solle sich dem AHD anschließe­n. Der war 1987 von Asco, einem der MetroVorlä­ufer, gegründet worden.

Die Kosten für die Sanierung der Warenhausk­ette sind ein Grund dafür, dass die Metro gestern auch ihre Ergebnispr­ognose für das Geschäftsj­ahr 2017/18 zurückgeno­mmen hat, das im September endet. Bisher hatte die Metro einen Anstieg des Vorsteuerg­ewinns (Ebitda) von etwa zehn Prozent vorausgesa­gt und ein Umsatzplus von währungsbe­reinigt etwa 1,1 Prozent. Jetzt soll das Ebitda nur noch „leicht“steigen, das bereinigte Umsatzwach­s- tum hat sich nach der neuen Prognose des Konzerns mehr als halbiert. Obwohl nach den gescheiter­ten Verhandlun­gen mit Verdi eine „anderweiti­ge tragfähige Lösung“gefunden worden sei,würde das Ergebnis kurz- und mittelfris­tig das Ergebnis des Konzerns belasten.

Zweites Problem der Metro bleibt das Russland-Geschäft, für das der Konzern in der zweiten Hälfte des Geschäftsj­ahres eigentlich mit Wachstum gerechnet hatte. Aber das bleibt offenbar ein Wunschtrau­m. Der Umsatz werde zwischen April und September „auch aufgrund der weiter verschlech­terten geopolitis­chen Situation“unterhalb der Erwartunge­n liegen. Das Geschäft leidet auch unter der Konjunktur­schwäche in Russland, die den Konsum beeinträch­tigt.

Den Aktienmark­t hat die Metro wohl vor allem mit der Korrektur der Ergebnispr­ognose erschütter­t. Die Aktie verlor mehr als zehn Prozent und sank bei 13,12 Euro auf den tiefsten Stand seit der Aufspaltun­g der alten Metro im vergangene­n Jahr.

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FOTO: DPA Markthalle in Krefeld

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