Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Borussia schießt sich den Frust von der Seele

Nach einer ereignis- und debattenre­ichen Woche landet Gladbach einen 3:0-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg. In der ersten Halbzeit spielt Dieter Heckings Mannschaft den Gegner fast an die Wand.

- VON JANNIK SORGATZ

MÖNCHENGLA­DBACH Erlösende Abpfiffe gibt es in der Bundesliga fast jede Woche. Es ist allerdings anzunehmen, dass Borussia gestern gegen den VfL Wolfsburg ausnahmswe­ise den Anpfiff als erlösend empfand. Hinter dem Klub lagen fünf Tage, in denen es allein mit der Aufarbeitu­ng des 1:5 in München (dieser Abpfiff war sicherlich erlösend) genug zu tun gegeben hätte. Diesmal hätte Dieter Heckings Mannschaft bestimmt gerne weitergesp­ielt. Die Partie gegen die abstiegsge­fährdeten Wolfsburge­r ging ihr so leicht von den Füßen wie selten eine in dieser Saison. 3:0 hieß es am Ende durch Tore von Lars Stindl, Raffael und Christoph Kramer. Noch wichtiger als die Punkte dürften dabei die positiven Gefühle sein, die Gladbach sich selbst und seinen Fans bescherte. Zur Pause stand das ganze Stadion, zuletzt war das eher der Zeitpunkt für Pfeifkonze­rte gewesen.

Nicht nur die Klatsche bei den Bayern war tagelang nachgehall­t. Den Verein und die Fanszene schockiert­e eine mutmaßlich­e Vergewalti­gung in einem Sonderzug. Auf der Mitglieder­versammlun­g am Montag blieb es dann ruhiger, als von vielen vorab erwartet. Zu erklären hatten Max Eberl und Dieter Hecking dennoch jede Menge, noch einmal am Donnerstag auf der Pressekonf­erenz, als der Manager die aufkeimend­en Diskussion­en um seinen Trainer mit einem knappen „Ja“beendete – Hecking wird seinen Vertrag bis 2019 erfüllen. Außerdem stand Yann Sommer als MobbingOpf­er einer kleinen Gruppierun­g in der Nordkurve im Fokus, und der frühere BVB-Spieler Matthias Ginter musste seine Aussage vor Gericht im Prozess um den Dortmunder Sprengstof­fanschlag hinter sich bringen.

Einfach Fußball spielen zu dürfen, das schien wohltuend zu sein für die Borussen, die sich explizit damit meist schwergeta­n haben in der Rückrunde. Beim 1:0 durch Stindl kam die Vorlage noch vom Gegner. Deshalb stand Gladbachs Kapitän, der in München gelbgesper­rt gefehlt hatte und der einzige Neue in der Startelf war, nicht im Abseits. Mit einem regelrecht­en Gewaltschl­enzer setzte Stindl den Ball in die kurze Ecke. „So einfach kann’s gehen“, schien Hecking mit erhobenen Händen signalisie­ren zu wollen.

Torwart Sommer war zum Warmmachen demonstrat­iv freundlich von den Zuschauern empfangen worden, die ihm ja zu 99 Prozent auch sonst applaudier­en. Auszeichne­n konnte er sich lange nicht. Nur Borussia spielte – mit Dynamik im Passspiel, Konzentrat­ion in der Rückwärtsb­ewegung und wohldosier­tem Gegenpress­ing. Mehr, das betonten auf der Mitglieder­versammlun­g einige Fragestell­er, verlangt ein Großteil der Fans auch gar nicht. Das 2:0 durch Raffael werden sie trotzdem gerne mitgenomme­n haben: Jonas Hofmann scheiterte nach einem 50-Meter-Pass von Jannik Vestergaar­d noch mit links, im Nachschuss traf Raffael.

Kurz darauf gab Wolfsburg seinen allererste­n Torschuss ab. Noch vor der Pause fiel jedoch auf kuriose Weise das 3:0: Während selbst seine Kollegen noch mit der Vorbereitu­ng eines Freistoßes beschäftig­t waren, schoss Kramer den Ball einfach ins Tor. Die Wolfsburge­r protestier­ten vergeblich.

In den zweiten 45 Minuten ging es scheinbar nur noch um die Höhe des Gladbacher Sieges. Die Gäste besserten zumindest ihre Torschussb­ilanz auf und verhindert­en, dass die Niederlage demoralisi­erende Sphären erreichte. Borussia stellte das Spielen nicht ein und hatte weiter mehr Ballbesitz. Doch es fielen keine weiteren Tore, unter anderem gelang es Hofmann nicht, seine starke Leistung zu krönen. Den Abend der positiven Gefühle nutzte Hecking in der Schlusspha­se, um Laszlo Bénes (nach mehr als sieben Monaten) und Ibrahima Traoré (nach sechs Monaten) ihre Comebacks zu ermögliche­n. So viel ist den Borussen in 90 Minuten lange nicht gelungen.

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FOTO: IMAGO Da fällt das 2:0: Raffael trifft per Nachschuss für Borussia, nachdem Jonas Hofmann (M.) zuvor noch an Wolfsburgs Torhüter gescheiter­t war.

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