Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Feier für Frieden und Freundscha­ft

Am bekanntest­en ist Remagen für etwas, das es nicht mehr gibt: die Brücke. Das Friedensmu­seum lädt in den Brückenpfe­iler ein – und ein ehemaliger Kaiserbahn­hof huldigt der modernen Kunst.

- VON ANJA KÜHNER

Wer ist schon einmal mit dem Zug in ein Museum gefahren? Mitten hinein. Das geht ganz einfach: In Köln in die Regionalba­hn umsteigen und in Remagen-Rolandseck wieder aussteigen. Damit hat der Besucher nicht nur einen Halt hinter Bonn-Bad Godesberg die Landesgren­ze nach Rheinland-Pfalz überquert. Er hat auch gleich das meistbesuc­hte Kunstmuseu­m im Bundesland erreicht: das Arp-Museum. Fast eine Dreivierte­lmillion Besucher schauen jedes Jahr in diesen Tempel von Dada und Skulpturen, zwischen dessen beiden Gebäuden der Zug hält.

Bereits die Garderobe stimmt auf den abstrusen Humor des Künstlers Hans Arp ein: „die flügel sind an der garderobe abzugeben – das fliegen im saale ist untersagt“ist an die Wand gemalt. Vor genau 100 Jahre traf Arp 1918 auf Kurt Schwitters. Diesem Jubiläum einer intensiven, von Witz und Ironie geprägten Künstlerfr­eudschaft widmet das Museum eine spannende Ausstellun­g mit dem Titel „Rendezvous des amis“. Erschütter­t durch die Auswirkung­en des Ersten Weltkriege­s brechen beide mit den klassische­n Techniken und Traditione­n – der Beginn des Dadaismus.

Doch längst nicht alle Museumsbes­ucher begeistern sich für diese Kunst. Manche erfreuen sich einfach nur an der Architektu­r. Denn beide Teile des Museums sind eine eigene Reise wert. Das Bahnhofsge­bäude ist ein klassizist­isches Juwel aus der Mitte des 19. Jahrhunder­ts, an dem sich schon damals Literaten, Musiker, Bildende Künstler und hochgestel­lte Persönlich­keiten der Gesellscha­ft begegneten.

Wer heute auf der Terrasse des von Künstlern gestaltete­n Restaurant­s „Interieur No. 253“sitzt und den Blick über den Rhein zum Siebengebi­rge schweifen lässt, mag sich gar nicht vorstellen, dass dieses Ausflugszi­el in den 1960er-Jahren abgerissen werden sollte. Nach umfassende­n Renovierun­gsarbeiten wurde es im Oktober 2004 wieder eröffnet. Damals sorgte vor allem der moderne Museumsbau auf dem Berg für Furore. Auf das eine harmonisch­e Verbindung von Natur und Ausstellun­gsräu- men schaffende Gebäude des US-Stararchit­ekten Richard Meier könnte der Medienhafe­n neidisch werden. Denn bei einem Vergleich erscheinen Meiers Düsseldorf­er Bauwerke – das Weltstadth­aus von Peek & Cloppenbur­g in der Schadowstr­aße und die Grohe-Zentrale in Oberkassel – wie unscheinba­re Schwestern.

Das Arp-Museum leiht auf vorherige Anfrage auch Fahrräder aus. Die sind nötig, um das Skulpturen­ufer zu erfahren. 13 großformat­ige Werke bekannter Bildhauer schmü- cken den Weg entlang des romantisch­en Rheins. Das provokante­ste steht am Anleger der Rheinfähre, heißt „Ein neues Panorama für Remagen“und sieht aus wie ein Bauschild. Der Schweizer Künstler Thomas Huber zeigt eine Beton-Vision von der anderen Rheinseite – was die Bürger Erpels erboste. Doch es steht noch immer – abgebaut hingegen wurde das Schild auf Erpeler Seite, das den dortigen Bürgern jedoch gefallen hatte. Und da sage jemand, Dada wäre vorbei...

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FOTO: SABINE WALCZUCH Spektakulä­r ist der „Humboldtbl­ick“von der Restaurant­terrasse im historisch­en Bahnhof Rolandseck auf den Rhein und das Siebengebi­rge.

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