Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wie der Meteorit ins Pferdsbruc­h kam

Georg Waldmann hat in Korschenbr­oich und am südlichen Niederrhei­n 600.000 Jahre alte Meteoriten entdeckt. Der Geologe und Biologe vermutet, dass die niederrhei­nischen Schlösser in die Einschlags­krater gebaut wurden.

- VON FRIEDHELM RUF

KORSCHENBR­OICH Die Geschichte ist damals von keinem aufgeschri­eben worden. Aber dennoch lohnt es sich, sie zu erzählen. Es ist eine alte Geschichte, eine sehr alte. Sie beginnt an einem Tag vor 600.000 Jahren, als es den heutigen Menschen noch gar nicht gab. So hätte nur Homo erectus, der Vorläufer des Neandertal­ers und des Homo sapiens, das Geschehen erleben können, das sich über dem südlichen linken Niederrhei­n ereignete. Ein Meteorit kam mit gewaltigem Getöse herangebra­ust und streute seine Splitter über das Land. „Es kam wohl von einem Meteor, der aus losem Gestein eine lockere Verbindung eingegange­n war“, sagt Georg Waldmann. Der Biologe und Geologe hat die Spuren eines Einschlags in der Landschaft rund um seine Heimat Korschen- broich entdeckt. Dabei handelt es sich um Basaltgest­ein, das natives Eisen enthält. „Das kommt so auf der Erde gar nicht vor.“Zudem haben die Steine, die Georg Waldmann gefunden hat, eine scharfkant­ige Oberfläche mit Einkerbung­en und Zerklüftun­gen.

Ein Stein, der eine lange Geschichte auf der Erde hat, wird entweder in Flüssen oder Bächen glatt geschliffe­n. Oder er wird in einem Eiskörper mitgeschob­en und glattgehob­elt. Solche glatten Basaltstei­ne finden sich auch rund um Korschenbr­oich. Sie sind auf jeden Fall mit Wasser in Berührung gekommen. Ob es Eis war, ist für Georg Waldmann bislang noch eine offene

Frage. Eine der Eiszeiten, und zwar jene, die vor etwa 650.000 Jahren endete, kam nach heutigen Erkenntnis­sen sogar bis nach Korschenbr­oich. Daher sind die später eingeschla­genen Meteoriten auch nicht glatt gehobelt.

Eine Besonderhe­it in der Stadt ist der Liedberg mit seinem Sandgestei­n und Quarzit. Es war das Meer, das vor etwa 37 Millionen Jahren diesen Sand staute, als es bis nach Köln vordrang. „Der Liedberg wurde in der vor 650.000 Jahren beendeten Eiszeit vom Inlandeis freigehobe­lt,“vermutet Waldmann.

Der Geologe hat die Gesteine in seiner Umgebung seit Jahren genau beobachtet. Inzwi- schen hat er mehr als 10.000 Stücke in Kisten gesammelt, um zu dokumentie­ren, welche Gesteine am südlichen Niederrhei­n gefunden werden können. Darunter sind auch die ungewöhnli­chen Relikte aus dem Weltraum. Der Geologe informiert­e Kollegen von seinen Funden, so dass die Dokumentat­ion ein Gemeinscha­ftswerk wurde. Außer Georg Waldmann sind das Friedel Herten, Michael Hiltl und Kord Ernstson, Professor für Impaktfors­chung, also das Aufspüren von Meteoriten oder anderen Objekten aus dem Weltall. Auf einer Wissenscha­ftskonfere­nz im amerikanis­chen Houston wurden die Funde Waldmanns vorgestell­t. Denn es sind ungewöhnli­che Entdeckung­en. Die Forschung steht noch ganz am Anfang. Für Georg Waldmann sind etwa die vielen Wasserschl­össer in der Region durchaus Hinweise auf Einschlags­ergebnisse. „Die meisten Schlösser liegen erhöht auf einer Kuppe, von Wasser umgeben. Aus größerer Entfernung gesehen, sind das runde Löcher, die Kuppen könnten bei einem Meteoriten­einschlag entstanden sein.“„Wo das Gestein genau herkommt, können wir noch nicht sagen“, meint Waldmann. Die meisten bisher auf der Erde gefundenen Meteoriten sind Bruchstück­e aus dem Asteroiden­gürtel zwischen Mars und Jupiter. Aber ihren Ursprung könnten die von Waldmann gefundenen Objekte auch auf Mond oder Mars haben. Wenn nämlich dort ein Gestein aufprallt, entstehen Splitter, die zuweilen von der Erde aufgefange­n werden. Die meisten Meteoriten verglühen aufgrund ihrer Größe in der Atmosphäre, manche kommen durch und landen zumeist im Meer. Jedes Jahr werden – allerdings nur wenige – Einschläge auf der Erde wahrgenomm­en. Großen Schaden richtet ein Meteorit nur selten an. Deshalb muss auch niemand die Angst des Häuptlings Majestix aus den Asterix-Comics haben, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte.

 ?? FOTOS (2):FRIEDHELM RUF ?? Dieser Meteorit wurde in der Erde im Pferdsbruc­h gefunden. Seine Form nahm das eisenhalti­ge Gestein beim Eintritt in die Atmosphäre an.
FOTOS (2):FRIEDHELM RUF Dieser Meteorit wurde in der Erde im Pferdsbruc­h gefunden. Seine Form nahm das eisenhalti­ge Gestein beim Eintritt in die Atmosphäre an.
 ??  ?? Georg Waldmann
Georg Waldmann

Newspapers in German

Newspapers from Germany