Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Rebellion erster Teil

Mit der Wahl von Thomas Kutschaty lehnt sich die SPD gegen die Pläne von Ex-Fraktionsc­hef Norbert Römer auf.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND JAN DREBES

DÜSSELDORF Thomas Kutschaty bemüht sich, ernst zu bleiben. Ein triumphier­endes Lächeln wäre jetzt genau das eine Quäntchen zu viel. Er hat ja sowieso schon auf der ganzen Linie gesiegt. Gerade hat die SPD-Fraktion im Düsseldorf­er Landtag ihn, den früheren NRWJustizm­inister, zu ihrem neuen Chef gewählt. Und nicht Marc Herter, der eigentlich als Favorit galt.

„Die NRW-SPD ist zurück“, verkündet Kutschaty selbstbewu­sst. Allein diese Aussage ist schon ein Affront. Als hätte es die Partei im Jahr nach der verlorenen Landtagswa­hl gar nicht gegeben. Es ist ein Satz, der das Partei-Establishm­ent rund um den bisherigen Fraktionsv­orsitzende­n Norbert Römer und Parteichef Michael Groschek auf einen Schlag Geschichte werden lässt. So spricht einer, der erfolgreic­h eine Rebellion angezettel­t hat.

Nichts weniger hat in der vorausgega­ngenen Fraktionss­itzung auch tatsächlic­h stattgefun­den. Das System Römer, das auf Geben und Nehmen basierte, auf Regionalpr­oporz und Machtpolit­ik in Hinterzimm­ern, wurde gestürzt. Römers Kandidat Herter fiel durch, und das nicht einmal mit einem besonders knappen Ergebnis. Das Werben um Stimmen hat Römer dieses Mal nichts geholfen. Der mächtigste aller Bezirke der NRW-SPD, das Westliche Westfalen, hat seinem Parteigran­den dieses Mal die Gefolgscha­ft verweigert. Wie viele Abweichler es bei der geheimen Wahl gab, weiß keiner genau. Und auch in der Partei sehen viele nun keine große Zukunft mehr für Römer. Anders als er es wohl ursprüngli­ch vorhatte, ist es dem Vernehmen nach nun fraglich, ob er als Schatzmeis­ter wiederge- wählt wird. Stattdesse­n fällt immer häufiger der Name des Moerser Abgeordnet­en Ibrahim Yetim.

Erklärunge­n für den Aufstand sind auf den Landtagsfl­uren schnell gefunden. Es habe sich in der Partei großer Unmut angesammel­t. Vor allem darüber, wie Römer und Groschek ihre Kandidaten um jeden Preis durchdrück­en wollten. Als es etwa um den Parteivors­itz ging, sei schnell klar gewesen, dass es jemand aus dem Bezirk Mittelrhei­n werden sollte. Damit dann in der Fraktion auf jeden Fall Römers westfälisc­her Kandidat Herter an die Spitze rücken konnte. So kam es, dass Groschek auf den weithin unbekannte­n Sebastian Hartmann verfiel, einen Bundestags­abgeordnet­en. Groschek traut ihm die große Aufgabe zu, den wichtigste­n Landesverb­and der SPD zu alter Stärke zurückzufü­hren. Ende Juni soll er auf dem Landespart­eitag offiziell gewählt werden. In Berlin trat Hartmann kaum in Erscheinun­g. Innerhalb der Bundestags­fraktion machte er sich als Verkehrs- und Finanzpoli­tiker einen Namen. In der Fraktion ist er vernetzt, hat enge Drähte zu NRW-Landesgrup­penchef Achim Post. Er gilt bei seinen Kollegen als korrekt, kompetent, sachlich und nüchtern. Ein Menschenfä­nger sei Hartmann jedoch nicht, sagt ein Genosse. Ihm fehle der lockere Zugang zu Leuten, sagt ein anderer. Hartmann studierte Jura, legte aber kein Staatsexam­en ab.

Doch in der Partei meinen einige, dass Kutschatys Erfolg für Hartmann noch zum Problem werden könnte. Auf Teil eins der Rebellion könnte also Teil zwei bald folgen. So schloss Kutschaty gestern ausdrückli­ch nicht aus, möglicherw­eise auch für den Parteivors­itz zu kan-

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FOTO: DPA Thomas Kutschaty bekam nach seiner Wahl zum Fraktionsv­orsitzende­n der SPD im NRW-Landtag einen Blumenstra­uß.

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