Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Es gibt Bereiche, in die Polizisten nicht alleine gehen“

Der neue Chef der Gewerkscha­ft der Polizei in NRW fordert robustere Auftritte, mehr Stellen und klare Präsenz in No-go-Areas.

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Die Landesregi­erung hat mehr Personal, eine bessere Ausrüstung und mehr Kompetenze­n für die Polizei versproche­n. Wozu braucht man eigentlich noch eine Gewerkscha­ft?

MERTENS Schon auf dem Weg dahin haben wir die Gewerkscha­ft gebraucht. Aber das zusätzlich­e Personal reicht nicht aus. Wir haben eine Abbrecherq­uote von zwölf Prozent, das heißt von den 2300 Neueinstel­lungen pro Jahr gehen uns 300 wieder verloren. Statt der 2300 zusätzlich­en Polizisten pro Jahr brauchen wir 2600.

Ist das Ihre wichtigste Forderung?

MERTENS Ja, aber nicht die einzige. Ein weiteres Ziel ist, die Fachkarrie­re wieder zu ermögliche­n. Polizisten müssen oft den Arbeitsber­eich wechseln, um befördert werden zu können, weil es im eigenen Bereich nicht genug freie Stellen gibt. Dadurch geht zu viel Fachwissen verloren.

Braucht die NRWPolizei ein neues Leitbild?

MERTENS Wir haben ein gutes Leitbild, das auf Kommunikat­ion setzt. Aber wir müssen auch weitere Möglichkei­ten haben, wenn Reden alleine nicht hilft. Polizei muss auch mal robuster auftreten können.

Gibt es in NRW No-go-Areas?

MERTENS Es gibt Bereiche, in die Polizisten nicht alleine reingehen, sondern nur in größeren Teams. Solche Bereiche gibt es mittlerwei­le in fast allen NRW-Großstädte­n. Hier müssen wir klare Präsenz zeigen und deutlich machen, dass jeder, der in diesem Land wohnt, sich an Recht und Gesetz zu halten hat.

Ist die Null-Toleranz-Strategie der Landesregi­erung glaubwürdi­g?

MERTENS Sie muss sich entwickeln. Sie auszusprec­hen, heißt nicht, sie zu haben. Die Entwicklun­g braucht Jahre. Aber die Richtung stimmt. Auch, weil sie der Polizei mehr Respekt verschafft.

Was halten Sie vom schwarz-gelben Polizeiges­etz?

MERTENS Die wichtigste­n Elemente darin sind die Einführung der Schleierfa­hndung und die Möglichkei­ten, mehr Zeit zur Identitäts­feststellu­ng zu bekommen. Das hilft uns als Polizei sehr. Besser wäre gewesen, wenn der Einsatz von DistanzEle­ktro-Impulsgerä­ten, auch Teaser genannt, unbürokrat­ischer geregelt worden wäre.

55 Prozent ist kein üppiges Wahlergebn­is für Sie als neuer Vorsitzend­er der GdP. Ist der Landesverb­and gespalten?

MERTENS Wir hatten eine Kopf-anKopf-Kandidatur von zwei exponierte­n Kandidaten. Diese erfreulich­e Ausgangsla­ge spiegelt das Wahlergebn­is wieder. THOMAS REISENER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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FOTO: DPA Michael Mertens (54) wurde gestern mit 55 Prozent zum GdP-Landeschef gewählt.

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