Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der Weltmeister kommt
Beim „Spurt in den Mai“bestreitet Theo Reinhardt sein erstes Rennen nach dem Gewinn des WM-Titels im Zweier-Mannschaftsfahren.
BÜTTGEN Mit WM-Titeln kennt Andreas Beikirch sich aus, schließlich wurde der Büttgener vor genau dreißig Jahren Junioren-Weltmeister im Punktefahren. Heute ist der 48-Jährige für die Fahrerverpflichtung beim „Spurt in den Mai“zuständig, dem Bahnrennen, das der VfR Büttgen am Montagabend zum 39. Mal auf dem 280 Meter langen Holzoval im Sportforum an der Olympiastraße ausrichtet.
„Wenn man einen Weltmeister, noch dazu einen aus Deutschland, verpflichten kann, ist man immer stolz“, sagt Beikirch. Ihm ist dieses Kunststück in Person von Theo Reinhardt gelungen: Der 27 Jahre alte Berliner wurde vor sechs Wochen im niederländischen Apeldoorn zusammen mit Roger Kluge Weltmeister im Zweier-Mannschaftsfahren, kurz Madison genannt.
Was seinen Auftritt beim „Spurt in den Mai“so besonders macht: Es ist das erste Rennen, das Theo Reinhardt seit dem Gewinn des WM-Titels bestreitet. Der Titelgewinn ist so neu für den Berliner, das er noch nicht einmal über ein offizielles Weltmeistertrikot verfügt. „Er hat eins, aber das entspricht nicht den Richtlinien der UCI“, sagt Nils Schomber – und der Radsport-Weltverband ist da streng. Der beim VfR Büttgen groß gewordene Neusser muss es wissen, fährt er doch wie Reinhardt für das Team Heizomat rad-net.de. Und war bis vorgestern mit dem Weltmeister im dreiwöchigen Höhentrainingslager in Mexiko. „Die Form ist gut, sowohl bei Theo als auch bei mir“, sagt Schomber nach einem Dutzend knüppelharter Trainingstage bei idealen Bedingungen: „Es hat nicht ein Mal geregnet.“Die Wettersicherheit ist auch der Grund, warum es die deutschen Bahnfahrer (und andere) in die Höhe Mexikos zieht. „Wir sind in den zwölf Tagen mehr als 20.000 Höhenmeter gefahren“, sagt Schomber, der braun gebrannt und rank und schlank zurückgekehrt ist.
„Wenn der Höheneffekt bis dahin anhält, können wir es am Montag knallen lassen“, sagt der 24-Jährige. Er geht als Titelverteidiger an den Start, zusammen mit seinem „Wunschpartner“Henning Bommel, mit dem zusammen er 2016 in Rio Olympiafünfter mit dem Bahnvierer wurde. Da war Theo Reinhardt auch mit von der Partie. Ihm hat Andreas Beikirch am Montag den routinierten Leif Lampater (35) an die Seite gestellt, der in seiner Karriere schon neun SechstageRennen gewonnen hat.
„Für mich sind die beiden Favorit“, sagt Beikirch, dessen Ehrenliste vier Sechstage-Siege zieren. „Abwarten“, entgegnet Nils Schomber, „auf jeden Fall wird es spannend.“Und anstrengend für den 24-Jährigen, der in Apeldoorn mit dem Bahnvierer in neuer deutschen Rekordzeit auf den vierten WM-Rang fuhr. Denn am Sonntag steht für ihn der 154 Kilometer lange, stark profilierte Klassiker „Rund um Düren“auf dem Programm, am 1. Mai will er beim „Großen Preis der Sparkasse“Neuss über 72 Kilometer im Büttgener Ortskern auch nicht bloß mitrollen.
„Wir wollen mal ’was Neues ausprobieren“, verrät Schomber über die ganz auf die Bahnrad-Europameisterschaften Anfang August in Glasgow ausgerichtete Trainingsplanung von Bundestrainer Sven Meyer, bei der „viele kürzere Straßenrennen“statt großer Rundfahrten für ihn auf dem Plan stehen.
Auch Theo Reinhardt hat für das Straßenrennen am 1. Mai gemeldet. Dann muss der Berliner allerdings das Trikot des Heizomat rad-netTeams überstreifen. Auch auf der Bahn darf er das Weltmeistertrikot nur im letzten Wettbewerb des Omniums der Asse tragen, denn das ist ein Zweier-Mannschaftsfahren – die Disziplin, in der er den Titel gewann. „So streng sind die Sitten“, sagt Friedhelm Kirchhartz. Der Gesamtleiter der beiden Büttgener Radsport-Tage hat für Theo Reinhardt eigens ein Weltmeistertrikot anfertigen lassen. Das wird nach dem Rennen versteigert – vielleicht mit der Signatur des Siegers.