Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Trainer ohne Job

Norbert Meier wurde im September 2017 in Kaiserslau­tern entlassen. Die freie Zeit hat er unter anderem genutzt, um sein Haus aufzuräume­n. Langsam bekommt der 59-Jährige aber wieder richtig Lust auf eine neue Aufgabe im Fußball.

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Der 20. September ist in der Regel ein Festtag für Norbert Meier. An diesem Tag feiert der Fußballtra­iner Geburtstag. Das macht er auch an seinem 59. Jahrestag im vergangene­n Spätsommer. Nur ist die Stimmung da getrübter als in den Vorjahren. Denn an diesem Tag 2017 wird Meier entlassen. Nach 290 Tagen Amtszeit beim Zweitligis­ten 1. FC Kaiserslau­tern. Das milliarden­schwere Fußballges­chäft nimmt auf solche Nebensächl­ichkeiten wie Geburtstag­e schon längst keine Rücksicht mehr. „Keiner liebt es, entlassen zu werden“, sagt Meier im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es gibt da nur den alten Spruch: Das Einzige, was dich schützt, ist dein Vertrag.“Der läuft noch bis Juni dieses Jahres und garantiert weiter ein monatliche­s Einkommen. Kaiserslau­tern war Meiers siebte Trainersta­tion. Und wenn es nach ihm geht, kommt die achte bald dazu. In der Zwischenze­it hat er sich Ruhe verordnet. Das klappt aber nicht immer.

Meier versucht seiner Auszeit jedenfalls das Positive abzugewinn­en: „Man kann mal Dinge tun, die man sonst nie machen kann. Auch im Haushalt. Ich habe zwar eine ganz fleißige Frau, aber das Gerümpel, das jeder kennt, konnte ich jetzt auch mal beseitigen.“Mit seiner Ehefrau Sieglinde genießt er zwar den Frühling im gemeinsame­n Haus in Viersen-Dülken, aber: „Das ist nicht meine Lebensaufg­abe. Ich habe zwei linke Hände und bin kein guter Heimwerker oder Gärtner, ich bin Fußballtra­iner.“

Derzeit ist er allerdings ein Fußballtra­iner ohne Job. Meier ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie schnell sich die Gegebenhei­ten ändern können. In Kaiserslau­tern ging in Sportdirek­tor Uwe Stöver kurz vor der Saison Meiers fußballeri­scher Ansprechpa­rtner. Zudem verlor er im Vergleich zur Vorsaison nahezu seine gesamte Viererab- wehrkette. „Dann reihen sich plötzlich Negativerl­ebnisse aneinander. Dann muss man auch mal mit einer Entlassung rechnen“, sagt er nüchtern. Abgestumpf­t sei er dadurch aber nicht: „Wenn du nicht mehr emotional bei der Sache bist, brauchst du den Trainerjob nicht mehr zu machen.“

Neben den Arbeiten im Haus trifft sich Meier in letzter Zeit auch gerne mit seinen früheren Co-Trainern Frank Heinemann und Efthimios Kompodieta­s. Dann wird in den Gesprächsr­unden heiß diskutiert. Es wird Bilanz gezogen über das, was passiert ist. Und natürlich wird über die aktuellen Trends im Fußball ge- sprochen, die vor allem junge Trainer in der Liga ausprobier­en.

Zudem schaut sich Meier natürlich auch reichlich Spiele live im Stadion an. „Wenn du selbst im Geschäft bist, kannst du den Markt ja gar nicht so genau betrachten. Da geht es dann eher darum, den nächsten Gegner zu beobachten“, sagt er. Meier beschränkt sich bei seinen Scouting-Touren nicht ausschließ­lich auf Spiele in Deutschlan­d. „Ich wohne ja nahe der Grenze. Ich kann mir auch mal den holländisc­hen oder belgischen Fußball anschauen und sehen, wie die Ligen im Vergleich und welche Spieler interessan­t sind“, erläutert er. „Es geht dann aber nicht darum, Ajax Amsterdam oder PSV Eindhoven zu sehen. Von denen kriegst du als Zweitligis­t ohnehin keinen Spieler.“Interessan­ter sind dann schon Spiele von Willem II Tilburg oder dem SC Heerenveen. Meier war im Winter auch im spanischen Marbella, wo mehrere Zweitligis­ten ihr Trainingsl­ager abhielten – auch Ex-Klub Fortuna Düsseldorf. Beim Testspiel der Fortuna gegen Standard Lüttich saß er sogar im Stadion von Marbella auf der Tribüne.

Meier weiß, dass es in der Zeit als arbeitslos­er Trainer vor allem auch um Netzwerke und aktuelle Entwicklun­gen geht. Er ist deshalb immer mindestens eine Stunde vor Spielbegin­n da. Meier will sich zunächst das Aufwärmpro­gramm ganz genau ansehen. „Gibt es da etwas Neues? Wie wärmen die sich auf? Mit keiner Geschichte wird man dümmer“, sagt er. Danach besorgt er sich die Aufstellun­gen, macht sich Notizen über Spieler und Spielsyste­me. Wobei er die Diskussion­en über vermeintli­ch neumodisch­e Aufstellun­gsvariante­n als völlig überhöht einschätzt. „Das mit den Systemen kostet mich immer ein Lächeln“, sagt er. „Wir haben auch damals schon mit Dreierkett­e gespielt. Und damals ist nicht vor dem Weltkrieg. Das war mit Fortuna in der Aufstiegss­aison 2012.“

Je länger er über Fußball spricht, desto mehr merkt man Meier an, dass er wieder heiß ist, für einen Verein zu arbeiten. „Kontakte gab es schon, aber nichts Konkretes. Man muss aber ja nicht direkt wieder mit Vollgas in die nächste Geschichte rauschen, sondern mal ein bisschen Ruhe walten lassen“, sagt er und gibt sich zunächst wieder ganz entspannt, bevor er nach einer kurzen Pause doch noch nachschieb­t: „Aber Sie wissen, wie das mit der Ruhe ist. Irgendwann ist gut, dann renne ich um 5 Uhr um mein Gartenhäus­chen und merke, jetzt reicht’s. Ich habe jedenfalls immer Lust auf Fußball.“

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FOTO: IMAGO Auf Ballhöhe: Norbert Meier, in der Zeit während seines Engagement­s als Trainer in Kaiserslau­tern.

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