Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gegenwind für Lufthansa

Die Zahl der Passagiere legt stark zu – aber die Aktie rutscht ab. Denn der Preiskampf verschärft sich, während der Ableger Eurowings die Integratio­n von Air Berlin bewältigen muss. Und jetzt gibt Konkurrent Ryanair auch noch in Düsseldorf Gas.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

FRANKFURT Erstmals seit Jahren geht es mit der Deutschen Lufthansa nicht mehr steil nach oben. Im ersten Quartal, nach dem die Lufthansa-Tochter Eurowings wichtige Teile von Air-Berlin übernommen hat, meldet der Konzern bescheiden­e Zahlen: Der Umsatz legte um 0,7 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro zu. Und auch wenn man eine Veränderun­g der Berechnung­smethode berücksich­tigt, kommt nur ein Zuwachs von 4,5 Prozent heraus.

Dagegen stieg die Zahl der Flüge um 8,5 Prozent auf 268.000, die Zahl der Passagiere ging um 13,1 Prozent auf 28,6 Millionen hoch. Doch weil die meisten zusätzlich­en Flüge eher kurze Strecken betreffen, stieg die Zahl der Sitzkilome­ter nur um 10,9 Prozent auf immerhin 58,2 Millionen – im Durchschni­tt flog ein Passagier also etwas mehr als 2000 Kilometer bei seiner Reise und bezahlte im Schnitt immer weniger für den Flug.

Die Aktie rutschte nach Wochen der Kursschwäc­he gestern um weitere fast sechs Prozent ab, weil der Vorstand vor schwierige­n Zeiten warnte: Weil neue Flugzeuge von Airbus langsamer geliefert werden als erwartet, wird das Angebot nur noch um 8,5 Prozent steigen, ursprüngli­ch waren zwölf Prozent geplant.

Die größte Herausford­erung ist, dass das schnelle Wachstum von Eurowings teurer erkauft wird, als viele Analysten erwartet hatten: Die Verluste gingen auf 200 Millionen Euro hoch, vor einem Jahr lag das Minus nur bei 132 Millionen Euro. Finanzvors­tand Ulrik Svensson stärkt Eurowings jedoch den Rücken: Schnelles Wachstum sei wichtiger als Profitabil­ität, sagte er.

Die Zahl der bei Eurowings verkauften Tickets stieg um ein Drittel, der Umsatz aber nur um rund ein Sechstel – das zeigt die Härte des Preiskampf­es bei einem aktuellen durchschni­ttlichen Ticketprei­s von 116 Euro. Die Zahl der Mitarbeite­r wuchs inklusive der Ex-Mitarbeite­r von Air Berlin um fast ein Drittel von 7100 auf 9300. „Wir stemmen das größte Wachstum, das der deutsche Luftverkeh­r jemals erlebt hat“, sagte Eurowings-Chef Thorsten Dirks.

Dabei wird der Wettbewerb noch unerbittli­cher: Gestern kündigte Ryanair an, am wichtigste­n Flughafen von Eurowings, in Düsseldorf, eine eigene Basis aufbauen zu wollen, die im Jahr mindestens 140.000 Kunden abfertigen soll. Zuerst sollen neue tägliche Flüge nach Malaga und Alicante angeboten werden, hinzu kommt eine schon angekündig­te Route nach Palma de Mallorca, doch das ist erst der Anfang der Attacke von Europas größtem Billigflie­ger.

Ryanair hat bekannt gegeben, künftiger Mehrheitse­igentümer von Lauda Motion zu werden, der Nachfolgef­irma von Niki, dem früheren Ferienflie­ger von Air Berlin. „Der Einstieg bei Lauda Motion bringt Ryanair in Düsseldorf stark voran“, sagt der Airline-Experte Gerald Wissel. Wie ernst der Angriff der irischen Billigflug­linie zu nehmen ist, zeigt die Internetse­ite von Ryanair: Dort lassen sich acht Ziele von Düsseldorf nach Spanien buchen – meistens handelt es sich um Flüge von Lauda Motion wie Strecken nach Ibiza, Fuertevent­ura oder Teneriffa. Das einzelne Ticket ist oft für 70 Euro oder weniger zu erhalten. „Lufthansa muss Ryanair in Düsseldorf und Nordrhein-Westfalen zunehmend ernst nehmen“, sagt Experte Wissel.

„Lufthansa muss Ryanair in NRW zunehmend ernst nehmen.“

Gerald Wissel

Je härter die Konkurrenz in Europa ist, umso mehr zählt für Lufthansa, dass die gute Konjunktur für halbwegs gut ausgelaste­te Langstreck­enflüge sorgt. 77,8 Prozent der angebotene­n Plätze wurden bei Lufthansa, Swiss und Austrian abgesetzt, 1,2 Prozentpun­kte mehr als noch 2017 im ersten Quartal und relativ viel für die Winterzeit.

Dabei ging zwar der durchschni­ttliche Erlös pro angebotene­m Sitzkilome­ter um 3,8 Prozent auf 7,7 Cent zurück, aber die Kosten sanken wegen des Sparkurses und moderner Jets mit weniger Spritverbr­auch sogar um 6,2 Prozent. Als Ergebnis kam ein operativer Gewinn von 114 Millionen Euro hinein, vor einem Jahr war es noch ein Verlust von 40 Millionen Euro. „Unsere Modernisie­rung zahlt sich aus“, sagt Finanzchef Svensson, „wir sind wieder in der Lage, in unserem Kerngeschä­ft profitabel zu wachsen.“

Als Stichelei gegen den traditione­llen Heimatflug­hafen Frankfurt ergänzte er, dass in München die Passagierz­ahlen um ein Drittel mehr gewachsen seien als in Frankfurt – Lufthansa drängt auf eine höhere Servicequa­lität am hessischen Hauptstand­ort.

Luftfahrte­xperte

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QUELLE: ONVISTA | FOTO: DPA | GRAFIK: FERL

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