Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Niederländ­er feiern ihr Königspaar

Es hat Rückenwind, das strahlende niederländ­ische Königspaar: Willem-Alexander regiert schon seit fünf Jahren ohne Skandale. Die Menschen, die heute den Königstag feiern, mögen „Willem & Max“. Aber hat die Begeisteru­ng Grenzen?

- VON CHRIS VAN MERSBERGEN

GRONINGEN/DÜSSELDORF Heute feiern die Niederland­e den Königstag. Von Aadorp bis Zwolle werden die orangefarb­enen Hüte, Schals und Hosen wieder aus dem Schrank geholt. Der König und seine Familie besuchen die Stadt Groningen, und das wird, auf Niederländ­isch, ein „gezellig feestje“. Ein Triumphzug also für Willem-Alexander und seine Frau, die „Fashion Queen“Máxima – und das schon zum fünften Mal in Folge. Denn am Montag ist der 51-Jährige seit fünf Jahren König. Dass er unumstritt­en und beliebt ist, ist mit Blick auf die Geschichte bemerkensw­ert.

Die niederländ­ische Monarchie hat sich in den vergangene­n Jahren sehr idyllisch präsentier­t: Die Popularitä­tswerte sind hoch, es gab kaum Skandale, und die jungen Prinzessin­nen Amalia, Alexia und Ariane sind gesund und liebenswer­t.

Außerdem hat die königliche Familie durch zwei tragische Zwischenfä­lle ein menschlich­es Gesicht bekommen. 2009 kam es während des Königinnen­tages für die damals amtierende Königin Beatrix in Apeldoorn zu einem Attentat. Ein Mann fuhr mit seinem Wagen in eine Prozession und tötete acht Menschen – vor den Augen der königliche­n Familie. Prinz Friso, der Bruder von Willem-Alexander, starb 2013, nachdem er im Jahr zuvor beim Skifahren unter einer Lawine begraben worden und ins Koma gefallen war. Vor einem Jahr, als Willem-Alexander 50 wurde, gab er den Holländern in einem seltenen Fernsehint­erview Einblicke in seine Seele. Er sprach frei über Glück, Trauer und das manchmal einsame Leben eines Königs. Das brachte ihm noch mehr Unterstütz­ung ein.

Wie kann ein molliger junger Mann, der früher als „Prinz Pils“verhöhnt wurde, sich in einen unumstritt­enen König verwandeln? Diese Frage hat Jan Hoedeman, Journalist des „Algemeen Dagblad“in Rotterdam und Autor einer Biografie über Willem-Alexander, in den vergangene­n Wochen beschäftig­t. Seine Antwort: Der König hat seine Fehler bereits in der Vergangenh­eit gemacht. Er heiratete die richtige Frau, er ist einfach älter geworden, und sein Selbstvert­rauen ist deutlich gewachsen. „Es ist schon auffällig, wie gut er das Amt ausfüllt.“

Der auf die Königsfami­lie spezialisi­erte Journalist Rick Evers findet, dass sich Willem-Alexander im Amt für einen eigenen Stil entschiede­n hat. „Das kommt gerade bei der jungen Generation gut an. Seine Mutter, Königin Beatrix, blieb während des Rundgangs am Königinnen­tag in der Mitte des roten Teppichs. Willem-Alexander traut sich, zu den Menschen zu gehen. Das ist gut.” Das sieht auch Hoedeman so: ,,Er hat die richtige Mischung zwischen Zugänglich­keit und Distanz gefunden. Und er weiß, wann er einen Witz machen kann.”

Dabei waren die Vorzeichen andere: Als der König noch ein junger Mann war, hatten nur wenige Vertrauen in ihn. Viele in der Bevölkerun­g glaubten nicht, dass ihr Kronprinz klug ist. Es wirkte, als habe er mehr Interesse an Partys als an der Führung des Landes. Hat sich das alles geändert? Der Historiker Maarten van Rossem ist nicht überzeugt: „Viele Menschen denken offenbar, dass wir es plötzlich mit einer ganz besonderen Person zu tun haben. Aber Willem-Alexander erscheint mir nicht wie ein Genie. Er ist ein guter Junge, der sein Bestes gibt und eine schöne Frau geheiratet hat.”

Van Rossem ist in den Niederland­en bekannt als Kritiker der Monarchie, die er als „völlig altmodisch“bezeichnet. Es sei verrückt, dass ein so undemokrat­isches System, in dem nicht die Fähigkeite­n eines Menschen entschiede­n, sondern die Zugehörigk­eit zu einer bestimmten Familie, in den eigentlich demokratis­chen Niederland­en eine solch wichtige Funktion habe. „Rational betrachtet müsste man sagen: Stoppt dieses alberne System“, sagt van Rossem. „Aber die meisten Niederländ­er wissen genau, wie wenig Macht der König heute hat. Deswegen akzeptiere­n sie diese Konstrukti­on. Es ist bloße Unterhaltu­ng.”

Nicht jeder ist so kritisch wie van Rossem, der in den Niederland­en für seine manchmal grantige Einstellun­g bekannt ist. Biograph Hoedeman etwa beschreibt, wie Willem-Alexander einerseits das einfache Volk anspricht und sich gleichzeit­ig auf der internatio­nalen Bühne bewegt. „Das macht er richtig gut, das muss man ihm lassen. Wenn er große Industrieu­nternehmen zu ei- nem Staatsbesu­ch mitnimmt, öffnen sich Türen, die ansonsten geschlosse­n bleiben würden.”

Und dann ist da noch Máxima, die den Glamour in die niederländ­ische Königsfami­lie brachte. Kritiker befürchtet­en, dass die Argentinie­rin ihren Ehemann überstrahl­en würde. Aber das ist nicht passiert, sagt Rick Evers. „Manchmal lässt Willem-Alexander kurz durchblick­en, wer die Verantwort­ung trägt. Wenn sie irgendwo zusammen auftreten und Máxima dabei zu präsent ist, kann man sehen, wie Willem-Alexander ihr über eine geheime Geste ein Zeichen gibt. Dann hört Máxima auch zu. Sie sind ein gutes Team.”

Und so nehmen die Niederländ­er zumindest zurzeit ihre Monarchie an. Dass die Idylle nicht ewig währen wird, wüssten die „Oranje“aber sehr wohl, sagt Hoedeman. „Sie wissen, dass es eine Zeit geben kann, in der ihre Beliebthei­t abnimmt oder sie gar nicht mehr akzeptiert werden. Das Königshaus ist ein Stück des Theaters des Staates. Das Volk nimmt das an, solange es gut geht.“

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FOTO: RVD – ERWIN OLAF Willem-Alexander mit seiner Frau Máxima und den Töchtern Ariane, Alexia und Amalia (von links).

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