Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die schwierige Trauer um Kollegen

- VON TOBIAS HANRATHS

Der Tod eines Kollegen ist für Berufstäti­ge ein Schock. Jeder reagiert darauf anders – und trotzdem lohnt es sich, die Trauer gemeinsam zu bewältigen. Meist geht das auch ohne Hilfe von außen.

„Die Arbeit ist ein Umfeld, in dem wir nicht damit rechnen, dass jemand stirbt“, sagt Therapeuti­n Miriam Junge. Ein Schicksals­schlag – sei es durch Krankheit oder durch einen Unfall – trifft Mitarbeite­r dann oft besonders schwer. „Jeder wird da individuel­l mit Kontrollve­rlust, dem Gefühl von Machtlosig­keit und dem eigenen Tod konfrontie­rt.“

Mit diesem Schock geht jeder anders um, je nach Persönlich­keit – und vielleicht auch je nachdem, wie eng die Bindung zum verstorben­en Kollegen war. Das heißt aber nicht, dass jeder für sich alleine trauern muss. „Die Bewältigun­g klappt in der Gruppe fast immer besser“, sagt Junge. „Weil es ein geteiltes Schicksal ist, und weil es die Möglichkei­t gibt, darüber zu reden.“

Innerhalb dieser gemeinsame­n Trauer ist auch Platz für einen unterschie­dlichen Umgang mit dem Thema, dem Naturell jedes Kollegen entspreche­nd. Manche ziehen sich vielleicht zurück und wollen gar nicht groß reden, erzählt die Diplom-Psychologi­n. Und andere werden aktiv und wollen unbedingt etwas tun. Das sei auch gut so: „Wichtig für die Bewältigun­g in der Gruppe ist, dass es jemanden gibt, der das offen und ehrlich anspricht.“

Oft sind das Kollegen, die schon Erfahrung mit dem Tod haben, aus der Familie zum Beispiel. Und die auch wissen, dass jeder Mensch die Phasen der Trauer in unterschie­dlichen Geschwindi­gkeiten durchläuft. „Der oder die eine ist dann erstmal geschockt und will gar nicht darüber reden, der andere bricht in Tränen aus“, sagt Junge. „Wer schon Erfahrung mit dem Tod hat, kann das oft besser einschätze­n und damit besser umgehen.“

Oft übernehmen diese Kollegen dann eine Art Führungsro­lle bei der Trauer. „Da geht es darum, Gelegenhei­ten zum Austausch zu schaffen, mit einem Meeting oder auch mit einer Gedenkstun­de“, so Junge. Das muss gar nicht der Vorgesetzt­e sein – im Gegenteil. „Gerade in sehr hierarchis­chen Unternehme­n ist es für Kollegen oft schöner, wenn es jemand aus den eigenen Reihen macht.“Das Organisato­rische zu klären, sei aber schon Sache der Führungskr­äfte – also zum Beispiel die Frage, wer die Aufgaben des Verstorben­en übernimmt.

Sind diese Voraussetz­ungen erfüllt, klappt die Trauer im Kollegenkr­eis meist ohne Probleme, sagt Junge. Reibungen kann es höchstens geben, wenn jemand mit dem Thema so gar nicht abschließe­n kann, also Monate später noch immer offensicht­lich leidet. „Dann ist der Impuls ,Jetzt reicht es auch mal’ von anderen Kollegen vielleicht auch verständli­ch“, sagt Junge. In solchen Fällen sollten sich die betroffene­n Kollegen am besten profession­elle Hilfe holen.

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FOTO: THINKSTOCK Ein Tod durch Krankheit oder Unfall trifft Mitarbeite­r oft besonders schwer.

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