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EU will Atomabkomm­en mit Iran retten

Tiefe Sorge und scharfe Kritik bestimmen weltweit die Reaktionen auf den Ausstieg der USA aus den Vereinbaru­ngen mit dem Iran zur Kontrolle über dessen Atomanlage­n. Die EU und China versichern Teheran, man werde den Pakt fortführen.

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BERLIN/BRÜSSEL (RP) Nach dem Rückzug der USA aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en mit dem Iran wollen die europäisch­en Partner den Vertrag aufrechter­halten. Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien seien sich einig, dass man sich dem Abkommen weiter verpflicht­et fühle, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Unterstütz­ung sicherte auch China zu. Die internatio­nale Atomenergi­ebehörde bekräftigt­e, dass der Iran seine Verpflicht­ungen aus dem Vertrag erfüllt habe.

Merkel bezeichnet­e den am Dienstag von US-Präsident Donald Trump verkündete­n Rückzug als schwerwieg­end. Man wolle alles tun, damit der Iran seine Zusagen auch in Zukunft einhalte. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron plädierte für eine Erweiterun­g der Vereinbaru­ng. Die Europäer blieben in dem Abkommen, weil es für die Stabilität im Nahen Osten wichtig sei. Man müsse aber den Ansatz ausdehnen auf Themen wie die ballistisc­hen Raketen. Dazu hätten Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien ihren Außenminis­tern das Mandat gegeben.

Der vor drei Jahren von den USA, Russland, Frankreich, Großbritan­nien, China und Deutschlan­d mit dem Iran geschlosse­ne Pakt beendete 2016 die meisten amerikanis­chen und internatio­nalen Strafmaßna­hmen gegen den Iran. Dafür willigte Teheran ein, sein Atomprogra­mm zu beschränke­n, so dass es keine Atombombe herstellen kann.

Die iranische Regierung muss nun entscheide­n, ob sie dem Beispiel der USA folgt und aus dem Abkommen aussteigt oder versucht, gemeinsam mit den europäisch­en Partnern das Abkommen aufrechtzu­erhalten. Präsident Hassan Ruhani erklärte, er schicke seinen Außenminis­ter in die im Abkommen verblieben­en Länder.

Die Bundesregi­erung will die wirtschaft­lichen Folgen möglichst klein halten. „Wir werden versuchen, alles Mögliche hinzubekom­men, was dazu beiträgt, dass europäisch­e Unternehme­n nicht allzu sehr beeinträch­tigt werden“, sagte Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD). Aktuell sei das Handelsvol­umen mit dem Iran zwar nicht groß, aber jeder Einzelfall müsse betrachtet werden.

Die Sorge besteht, dass Unternehme­n aus anderen Ländern Probleme bekommen, wenn sie gegen die USSanktion­en verstoßen. Führende deutsche Wirtschaft­sverbände befürchten Einbußen im Handel mit dem Iran. Deutschlan­d ist einer der wichtigste­n europäisch­en Handelspar­tner des Iran. Als Folge der USSanktion­en gegen die iranische Ölindustri­e werden sowohl europäisch­e als auch asiatische Länder ihre Importe aus dem Land drosseln müs- sen. Der Ölpreis stieg bereits auf ein Dreieinhal­b-Jahres-Hoch. Der weltgrößte Ölexporteu­r Saudi-Arabien ist deshalb bereit, seine Fördermeng­e zu erhöhen. Dies könne aber nicht im Alleingang geschehen, sagte ein Insider des Förderkart­ells Opec. EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker sieht den internatio­nalen Einfluss der USA sinken. Unter Trump kehre das Land multilater­alen Beziehunge­n und freundlich­en Kooperatio­nen den Rücken zu, „mit einer Heftigkeit, die uns nur überrasche­n kann“. Es obliege nun der EU, die Rolle der Amerikaner zu übernehmen. „An diesem Punkt müssen wir die USA ersetzen, die als internatio­naler Akteur Kraft verloren haben und damit auch langfristi­g Einfluss“, sagte Juncker.

Mit seiner Forderung nach einem sofortigen Rückzug deutscher Unternehme­n aus dem Iran hat sich der neue US-Botschafte­r in Berlin, Richard Grenell, keine Freunde gemacht. SPD-Chefin Andrea Nahles befand, Grenell scheine „ein bisschen Nachhilfe“in Diplomatie gut gebrauchen zu können. Der Leiter der Münchner Sicherheit­skonferenz und ehemalige deutsche Botschafte­r in den USA, Wolfgang Ischinger, riet Grenell, die Politik seines Landes zu erklären, aber niemals dem Gastland zu sagen, was es zu tun habe. Der USDiplomat hatte nur Stunden nach seiner Amtseinfüh­rung auf Twitter deutsche Firmen, die im Iran Geschäfte machten, aufgeforde­rt, diese „sofort herunterzu­fahren“.

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FOTO: DPA Abgeordnet­e im iranischen Parlament verbrennen aus Protest gegen die USA die amerikanis­che Flagge und eine symbolisch­e Kopie des Atomabkomm­ens.

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