Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rheinland baut auf Handball-Highlights
Düsseldorf und Köln richten Super-Cup und Europas Final Four aus. Dabei fehlen der Region im Liga-Alltag Spitzenclubs.
KÖLN/DÜSSELDORF Für Henriette Reker ist die Sache klar. „Köln ist mittlerweile eine Handball-Hochburg“, sagt die Oberbürgermeisterin der Domstadt. Und sie sagt das nur wenige Minuten, nachdem sie die Halbfinalpartien der Champions League ausgelost hat – an denen zum zweiten Mal in Folge keine deutsche, schon gar keine Kölner Mannschaft teilnehmen wird. Der HBC Nantes trifft Ende Mai im französischen Halbfinalduell auf Paris Saint-Germain und Titelverteidiger Vardar Skopje auf MHB Montpellier – allerdings ist der Spielort die Kölner Lanxess Arena. Auch deswegen hat Reker mit ihrer Aussage nicht Unrecht.
Köln darf sich nicht nur auf den 26. und 27. Mai freuen, wenn zum neunten Mal das „Final Four“der Champions-League ausgetragen wird. Im Januar steht noch ein Handball-Höhepunkt ins Haus: In der Arena wird die WM-Hauptrunde ausgetragen. Neben den dänischen Städten Kopenhagen und Herning wurden Hamburg, Berlin, München und eben Köln zu Austragungsorten bestimmt. Das bringt die Domstadt in die Nähe eines „Handball-Mekkas“im Westen. Ein Status, den sich auch Düsseldorf erarbeiten will. Denn die Landeshauptstadt erhielt den Zuschlag bei der Vergabe des Super-Cups. Das Duell zwischen deutschem Meister und Pokalsieger wird ab diesem Jahr für drei Jahre im mehr als 10.000 Zuschauer fassenden ISS Dome ausgetragen. „Düsseldorf ist zurück im Profi-Handball“, sagte Oberbürgermeister Thomas Geisel. Am 22. August ist es so weit, die Meister von den Rhein-Neckar Löwen stehen als Teilnehmer bereits fest.
Großturniere im Rheinland – und das, obwohl Handball-Spitzensport hierzulande rar ist. Kein Kölner Klub spielt in der ersten oder zweiten Bundesliga. Die Rhein Vikings, die in Düsseldorf ihre Heimspiele austragen, stehen im unteren Drittel der 2. Bundesliga. Um erstligareifen Sport zu sehen, muss man schon ins Bergische fahren – oder in das von Köln aus rund 50 Kilometer entfernte Gummersbach.
In Düsseldorf gab es schon eine Reihe Versuche, Handball auf höchstem Niveau zu etablieren. Frank Flatten hat als Manager der HSG von 2002 bis 2012 erfahren, wie schwierig es ist, die Wirtschaft für das Produkt zu begeistern. „Um Erstliga-Handball anzubieten, brauchst du einen Etat von 2,8 Millionen Euro. Wir haben es aber nur geschafft, rund zwei Millionen zusammenzubekommen. Zu wenig, um ein durch viel Konkurrenz in der Region verwöhntes Publikum zu begeistern“, sagt Flatten unserer Redaktion. „Düsseldorf ist bestimmt ein hervorragender Standort, aber es reicht nicht aus, nur mitzuspielen. Man braucht schon Geldgeber, die es einem ermöglichen, auch mal träumen zu können.“Flatten war zuletzt fünf Jahre Geschäftsführer des Bundesligisten VfL Gummersbach und will nach seiner Freistellung dort künftig als Spielerberater arbeiten.
Stefan Löcher, Chef der Kölner Lanxess Arena, betont die Handball-Tradition. „Die Fans fühlen sich Gummersbach sehr nahe, das darf man nicht unterschätzen.“Genau wie die gesamte Champions-League sich in Köln wohlfühlt: Achtmal haben Löcher und sein Team die Champions League ausgerichtet. 20.000 Fans aus Deutschland und dem Ausland kamen 2017. Etwa 60 Prozent der Fans reisten aus Deutschland an, gut 40 aus dem Ausland. Auch jetzt rechnet Löcher mit solch einer Quote. „Für uns ist das Final Four nicht nur die Generalprobe für die WM 2019“, verrät Löcher. „Es ist kein Geheimnis, dass wir uns auch um die Europameisterschaft 2024 bemühen.“Gäbe es die Zusage, wäre Deutschland erstmals Austragungsort einer Handball-EM. Die Erfolge sind auch dem EHF-Präsidenten Michael Wiederer nicht entgangen: „Jedes Jahr ist das hier in Köln eine richtig große Feier. Das Publikum ist super“, sagte er. Bis 2020 hat die EHF das wichtigste Turnier des europäischen Vereinshandballs denn auch an Köln vergeben. Kiel und Flensburg-Handewitt waren als letzte Bundesliga-Vertreter im CL-Viertelfinale ausgeschieden. Deutsche Spieler gibt es am 26./27. Mai trotzdem zu sehen: Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer trifft mit Paris auf Nantes – und damit auf Dominik Klein, Weltmeister 2007 und WMBotschafter 2019. „Wir haben die deutschen Mannschaften vermisst. Und jetzt haben wir ein deutsches Duell“, freut sich Linksaußen Klein.
Für die Zuschauer wird die deutsche Beteiligung ein zusätzlicher Grund sein, sich die Spiele nicht entgehen zu lassen. Die große Ticketnachfrage dürfte auch Düsseldorf Mut machen. Dafür, dass auch der Super Cup rund drei Monate danach im ISS Dome vor ausverkaufter Kulisse stattfinden wird. Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter der Rhein-Neckar Löwen, freut sich jedenfalls: „Für mich wird das Spiel in Düsseldorf besonders, mein Vater war Handballer bei der TuRu.“