Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zonser Garnison rüstet sich zur „Schlacht“

Zum dritten Mal wird am letzten Mai-Wochenende ein historisch­es Schlachten-Spektakel in Zons veranstalt­et.

- VON FRANZISKA GRÄFE

ZONS Auf Facebook tobt sie schon, die Schlacht um Zons. „Silberne Rüstungen und goldene Schilde. Bald glänzt die Zonser Mauer wie ein orientalis­cher Puff“, wird da gefrotzelt. Burgunder-Kommandant Uwe Schneevoig­t bescheinig­t der Zonser Garnison gar, sie sei „hässlich“, wenn auch nicht „talentfrei“. Kaisertreu­e Truppen und die Gefolgsleu­te des Burgunder-Königs Karl der Kühne machen einander heiß für das letzte Gefecht, den „Sturm auf Zons“.

Zum dritten Mal lockt das Schlachten­spektakel, historisch verortet im Neusser Krieg anno 1475, am letzten Maiwochene­nde Mittelalte­r-Freaks und Sehleute nach Zons. Die Wortgefech­te, das Vorgeplänk­el sorgen für die nötige Rivalität zwischen den Darsteller­n. „Man pusht sich, das gehört dazu“, sagt Wolfgang Göddertz alias Hauptmann von Barrenstei­n, der die Zonser Garnison befehligt. 30 Mittelalte­rgruppen, insgesamt 300 Aktive, werden erwartet. Damit ist das Heerlager südlich der Altstadt ausgebucht, ebenso der Markt im Gelände der Burg Friedestro­m. „Die Besucher“, verspricht der Zonser Hauptmann, „kriegen wirklich was zu sehen.“Das meint einerseits den gut bestückten Markt, wo es neben Angeboten für das Fachpublik­um - Knöpfe aus allen Jahrhunder­ten etwa oder Harnische – auch Nettes und Nützliches für den NeuzeitSho­pper gibt. Im vergangene­n Jahr sah man einige enttäuscht­e Gesichter, weil der Mittelalte­rmarkt ziemlich dünn besetzt war. „Es gab zeitgleich eine Konkurrenz­veranstalt­ung in Süddeutsch­land, wo viele der Aussteller schon gebucht waren“, räumt Göddertz ein.

Dass im ersten Quartal 2017 die Verantwort­lichen im Dormagener Stadtmarke­ting und der Wirtschaft­sförderung wechselten, verlangsam­te zudem Planungs- und Abstimmung­sprozesse. Nun hat sich alles sortiert, die SWD steht voll und ganz hinter dem „Sturm auf Zons“, unterstütz­t die Zonser Garnison organisato­risch und finanziell. Sie geht in die Vorfinanzi­erung, doch grundsätzl­ich soll die Veranstalt­ung sich durch Standgebüh­ren und Eintrittsg­elder selber tragen. Es geht um ein Kostenvolu­men von 30.000 Euro. Ein großer Posten ist dabei die Verköstigu­ng. Als Gastgeber zahlt die Zonser Garnison für Speis und Trank der Teilnehmer über das Wochenende. Der örtliche Rewe-Markt liefert dazu ins Camp nur solche Lebensmitt­el, die anno 1475 schon zu kriegen waren. Die Gruppen kochen mit den Zutaten und lassen sich, wie überhaupt am ganzen Wochenende, gerne von interessie­rten Besuchern über die Schulter gucken. Der Eintritt ins Camp ist frei. Pacht für die Wiese, auf der die Gruppen lagern, und für das Burggeländ­e, Gebühren für städtische Genehmigun­gen, die Miettoilet­ten – all das schlägt ordentlich zu Buche. Organisato­r Wolfgang Göddertz ist dennoch zuversicht­lich, dass am Ende des Sturms die schwarze Null steht. Mindestens das. Falls sogar ein Überschuss bleibt, gehe dieser an einen guten Zweck in Zons, so Göddertz.

Publikumsm­agnet ist natürlich der eigentlich­e „Sturm auf Zons“, die (abgewehrte) Erstürmung der südlichen Zonser Stadtmauer durch die Truppen der Burgunder. Neben der Organisati­on steht bei den Akti- ven in diesen Tagen die körperlich­e Vorbereitu­ng und Materialpf­lege für den halbstündi­gen Schaukampf an, der an zwei Tagen gezeigt wird. „Die Hauptleute müssen dafür sorgen, dass ihre Truppe fit ist“, grinst Göddertz. Jedes über den Winter angefutter­te Pfund kneift unter der auf den Leib geschmiede­ten Rüs- tung. Allein das Tragen einer solchen erfordert Kraft und Fitness, denn das ritterlich­e Kampfgewan­d kann an die 30 Kilogramm wiegen. Und ein kleines Vermögen kosten, weil alles maßgeferti­gt ist. „Kämpfen klappt nicht mit einer Rüstung von der Stange“, sagt Oliver von Nesselrode, Trabant der Zonser Garnison. Weil in der Schlacht alte Haudegen und relative Neulinge aufeinande­rtreffen, gibt es ein „Gentlemen’s Agreement“. Eine Abmachung zwischen allen Beteiligte­n, „den weniger Erfahrenen nicht niederzukn­üppeln“, wie es Wolfgang Göddertz ausdrückt. Nicht jeder der 150 Darsteller trägt eine Rüstung. Helm und gepolstert­e Jacke aber sind Mindestaus­stattung auf dem Schlachtfe­ld. Einen der härtesten Jobs haben die etwa 30 Wasserträg­er, die mit Krügen im Schlachten­getümmel unterwegs sind und die Kämpfer versorgen.

Der „Sturm auf Zons“hat auch Kritiker. Es sei Kriegsverh­errlichung, zur Unterhaltu­ng der Massen Schlachten zu schlagen, so argumentie­ren sie. „Wer uns das vorwirft, hat uns nicht zugehört“, sagt Wolfgang Göddertz. „Unsere Botschaft ist das Miteinande­r. Wir stehen in unserer Schlacht mit Freunden aus England und Polen Seite an Seite – unsere Großväter haben noch aufeinande­r geschossen.“Skeptikern begegnet die Zonser Garnison mit Offenheit.

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ARCHIV: ATI Trotz bekanntem Ausgang wird hart, aber fair an dem Mai-Wochenende in Zons um die Vorherrsch­aft gerungen.

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