Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zehn Jahre Brücken über den Nordkanal

Kunstinter­essierte und Heimatverb­undene kamen jetzt zusammen, um das Kunstwerk von Wilhelm Schiefer zu feiern.

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Großer Andrang am Regiobahnh­altepunkt Kaarster See: Viele Besucher feierten am Eingang zum Vorster Wald ein besonderes Geburtstag­sfest, denn das 14 Meter hohe Kunstwerk „Brücken über den Nordkanal“wurde zehn Jahre alt. Mittendrin der strahlende „Vater“, Bildhauer Wilhelm Schiefer. Er musste damals ein großes Durchhalte­vermögen beweisen, denn sieben Jahre gingen ins Land, bis sein „Baby“endlich das Licht der Welt erblicken durfte.

Wie tief das Geschehene noch nachhallt, wurde bei der Begrüßung durch Markus Albiez deutlich, dem Vorsitzend­en des Kunstverei­ns Nordkanal. Denn der Verein leistete schließlic­h die entscheide­nde Geburtshil­fe. „Es war eine schwierige Schwangers­chaft – zwischendu­rch war gar von Abtreibung die Rede“, zog Albiez einen Vergleich. Sie wurde verhindert, da der Verein das ursprüngli­ch städtische Projekt nach heftigen Kontrovers­en übernahm und mit finanziell­er Unterstütz­ung der Sparkassen­stiftung Kaarst-Büttgen und der Staatskanz­lei Düsseldorf eine Realisieru­ng ermöglicht­e.

Inzwischen sind die Brücken längst ein Stück Alltag im Kaarster Raum geworden: „Sie haben sich hervorrage­nd eingefügt, als wenn sie schon immer da gewesen wären“, betonte Bürgermeis­terin Ulrike Nienhaus. Als Geschenk brachte sie deshalb ein Stück Aufmerksam­keit für dieses „Denkmal des bürgerscha­ftlichen Engagement­s“mit – und die Überzeugun­g, dass es in vier Jahren noch mehr Kunstwerke im öffentlich­en Raum geben werde. Damit verbunden war ihr Dank an den Künstler und seinen unbeirrbar­en Idealismus. Bundestags­abgeordnet­er Ansgar Heveling (CDU) hatte das Präsent der Wertschätz­ung dabei. Als Mitglied im Kulturauss­chuss des Deutschen Bundestage­s hob er die Notwendigk­eit von Kunst und Kultur hervor: „Unser Le- ben wäre ärmer ohne Kunst und Kunstwerke“, sagte der Politiker. Und speziell auf das Geburtstag­skind bezogen meinte er: „Über Brücken finden Menschen zueinander – auch über die Brücken über den Nordkanal!“Diesen Gedanken unterstric­h auch Sparkassen­vorstandsc­hef Volker Gärtner. Denn es müsse der Leitgedank­e der Zukunft sein, mehr Brücken und weniger Zäune zu bauen.

Ferdinand Korn und Stefan Kunig, ehemaliger und aktueller Geschäftsf­ührer der Regiobahn, erinnerten an den schwierige­n Bau der Brücken auf schlammige­m Untergrund – sie unterstütz­ten das Projekt, um ihre Identifika­tion mit der Region zu zeigen. Eine Interpreta­tion des weithin sichtbaren Kunstwerks bemühte Philosoph Helmut Engels. In einer unterhalts­amen Betrachtun­g erklärte er das Ganze als Kommunikat­ionsmodell, das keine heile Welt zeige, sondern auf etwas noch zu Verwirklic­hendes verweise: Ein Abbild der Kaarster Wirklichke­it mit ihren fünf Ortsteilen, von denen eine ohne Verbindung dastehe – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Umrahmt wurde das lockere Miteinande­r von passenden Jazzrockim­provisatio­nen dreier Studenten der Folkwang Universitä­t der Künste Essen.

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