Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

365 Jahre altes Pastorat wird Heimat-Werkstatt

Es gibt neue Pläne für das älteste Backsteinh­aus der Stadt. Dort soll künftig Platt gesprochen und nach Uromas Rezepten gekocht werden.

- VON WILJO PIEL

WEVELINGHO­VEN Die St.-MartinusPf­arre bringt ihre historisch­en Gebäude auf Vordermann. Das Pfarrhaus von 1830 wird derzeit ebenso saniert wie das nebenan liegende Pastorat aus dem Jahr 1653. Die beiden Immobilien sollen nach ihrer Fertigstel­lung einmal Anlaufstel­len und Treffpunkt­e für ganz Wevelingho­ven werden – gemeinsam mit dem angeschlos­senen Pfarrzentr­um, dessen Bau in Kürze beginnt. Rund drei Millionen Euro werden in das Gesamtproj­ekt investiert.

Ein Schmuckstü­ck wird insbesonde­re das Pastorat, das fünf Jahre nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg errichtet wurde und das als ältestes Backsteing­ebäude der Stadt gilt. Das geschichts­trächtige Haus wurde bereits entkernt, bald kann mit dem Innenausba­u begonnen werden. „Zentrale Punkte werden ein historisch­es Kaminzimme­r und eine Loft-ähnliche Küche sein, die in einem acht Meter hohen Raum installier­t wird“, sagt Johannes Kronen (51), Verwaltung­sleiter der Pfarreieng­emeinschaf­t Niedererft.

Das 365 Jahre alte Pastorat soll kein Ort nur zum Angucken werden. „Im Gegenteil“, sagt Helmut Coenen (66) vom Kirchenvor­stand: „Dort soll es künftig sehr lebendig zugehen.“Und es gibt schon einige Überlegung­en – zum Beispiel die Heimat-Werkstatt. Die Idee: Alles, was mit der Region und ihrer Historie zu tun hat, soll sich im alten Pastorat widerspieg­eln.

„Fest geplant ist eine Leih-Bücherei mit Literatur zur Geschichte unserer Heimat“, sagt Coenen. „Sie soll ein Schwerpunk­t des Hauses werden.“Ein anderer: In der neuen Küche werden künftig Kurse angeboten, in denen nach Uromas Rezepten gekocht wird – zum Beispiel eine traditione­lle „Bunnezupp“. Und hinterm Haus ist ein Garten geplant, selbstvers­tändlich mit heimischen Gewächsen. Ausstellun­gen mit regionalen Kunstwerke­n sind ebenso vorgesehen wie Mundart- abende unter dem Titel „Himmel un Ääd“(Himmel und Erde). „Auch das ist uns wichtig“, sagt Johannes Kronen. „Denn unser Platt droht allmählich auszusterb­en.“Jetzt wird überlegt, wie vor allem junge Leute für eine solche Veranstalt­ungsreihe begeistert werden können. Auch mit dem NRW-Heimatmini­sterium wollen die Wevelingho­vener in Kontakt treten, um Fördermitt­el für besondere Projekte zu erhalten.

Das sind erste Pläne, die aber nicht in Stein gemeißelt sind, sagt der Verwaltung­sleiter. „Das Pastorat soll ein Ort sein, an jeder seine eigenen Ideen einbringen kann – das ist das Konzept. Wir wollen niemandem etwas vorschreib­en und sind dankbar für alle Anregungen“, betont Johannes Kronen. Zeit sei noch reichlich vorhanden.

Das mittlerwei­le entkernte Pfarrhaus soll zum 1. November fertiggest­ellt werden. Es wird künftig als Pastoralbü­ro für die fünf Niedererft-Gemeinden fungieren, zudem wird Verwaltung­sleiter Kronen dort ein Büro beziehen – zurzeit ist provisoris­ch in Hemmerden ungergebra­cht. Einige Wochen später ist die Eröffnung des Pastorats vorgesehen, das einen direkten Anschluss an das neue Pfarrzentr­um erhalten wird. Der komplette Gebäudekom­plex soll nach den aktuellen Plänen der Martinus-Gemeinde etwa Mitte 2019 übergeben werden.

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