Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Spritziges erstes Date mit der Formel 1
Im 350 PS starken Rennboot des italienischen Teams Blaze Performance fährt die Neusserin Simone Schuft in Portugal auf Platz 15.
NEUSS Was für ein Debüt in der Königsklasse! Im Rennboot des Profiteams Blaze Performance aus „Bella Italia“mischte Simone Schuft die von Männern dominierte Formel 1 auf. Obwohl die Neusserin im ersten WM-Lauf im an der portugiesischen Algarve gelegenen Portimão noch nicht mal ans Limit ging, lag sie nach 38 Runden auf Rang 15 gerade mal zehn Sekunden hinter dem Sieger Shaun Torrente aus den USA.
Da Teamchef Francesco „Franz“Cantando sein selbstgebautes Powerboat sogar auf Rang acht steuerte, war die 43-Jährige hin und weg: „Ein toller Saisonauftakt! Für uns hat alles prima gepasst. Ich habe ein perfekt aufgestelltes Team mit super guten und angenehmen Kollegen.“Dass das Date der „ragazza tedesca“, nach dem frühen Ausfall der Norwegerin Marit Stromoy nicht nur die einzige Deutsche, sondern auch die einzige Pilotin im 19 Boote starken Feld, mit den großen Jungs zu einem Liebesfilm werden würde, überraschte selbst Experten. Denn weil der im Vorfeld fest eingeplante Test- und Trainingstag in Mailand ins Wasser gefallen war, fiel die Kennenlernphase einfach aus. Für Simone Schuft ging es direkt ans Steuer – und damit mittenrein ins Abenteuer. Mit dem 350 PS starken Mercury Außenborder und der kraftvollen 2,5 Liter Maschine, die die gelbe Rakete in weniger als drei Sekunden von 0 auf Tempo 100 bringt, sind nur absolute Könner auf Anhieb per Du. Dabei muckte im freien Training einen Tag vor dem Rennen der Motor: Er gab schlichtweg den Geist auf. „Aber auch das war für das BlazeTeam kein Problem“, stellte die Debütantin erleichtert fest: „In kürzester Zeit wurde er ausgewechselt. Da hat man die riesige Erfahrung von Franz und seinen Jungs in jedem Handgriff gemerkt. Weil jeder im Team ruhig geblieben ist, verflog auch meine anfängliche Nervosität ganz schnell.“
Die in der Qualifikation auftretenden technischen Probleme waren darum ein Klacks. Trotzdem tat die Neusserin gut daran, im Umgang mit dem Speedster, bei dessen rasantem Ritt auf Endgeschwindigkeiten von um die 200 Stundenkilometer Fliehkräfte von bis zu 8 g auf den Körper einwirken, demütig zu sein. Zur Einordnung: Die normale Erdanziehungskraft beträgt 1 g, auf einer Achterbahn herrschen in den Tälern bis zu 4,5 g – der Fahrgast wird also mit dem 4,5-fachen des eigenen Körpergewichts belastet. Ein 80 Kilogramm schwerer Mann würde in diesem Moment kolossale 360 Kilogramm wiegen. Kampfpiloten in einem Tornado oder einem Eurofighter müssen kurzzeitig 9 g aushalten. Noch Fragen?
Der Frischling ging darum erstmal nicht ins totale Risiko. Weil das Wochenende vorrangig als Test angelegt war, vermied Simone Schuft mit großem Stress verbundene Po- sitionskämpfe, wählte stattdessen oft die etwas längere Außenbahn. „Aus Sicherheitsgründen war das ganz bestimmt gerechtfertigt, da ich noch nicht ganz den gleichen Speed gefunden habe wie meine doch sehr erfahrenen Mitstreiter. Schließlich bin ich der einzige echte Rookie ohne Erfahrung in der Formel – zwischen der Entscheidung, den Schritt zu wagen, und ihrer Umsetzung lagen gerade mal vier Wochen.“
Weiter geht es für das in Fizzonasco di Pieve Emanuele bei Mailand ansässige Team Blaze Performance am 16./17 Juni, wenn in den London Docks der zweite WM-Lauf auf dem Programm steht. Das Comeback eines Klassikers nach 30 Jahren. Die Docklands im Osten der britischen Hauptstadt dienten 1999 als Kulisse für den James Bond Film „Die Welt ist nicht genug“. Von dort nimmt Pierce Brosnan die Verfolgung einer vermeintlichen Attentäterin auf. In Q’s neuester Entwicklung, einem bewaffneten Rennboot, rast er auf der Themse dem krachenden Finale entgegen. Die perfekte Vorlage für Simone Schuft: „Wir sind bereit.“