Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bei Geld hört die Freundscha­ft auf

- VON GIANNI COSTA

FRANKFURT/M. Der Horst. Der Theo. Der Wolfgang. Es gab mal eine Zeit beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), da versuchten sich die drei als verschwore­ne Gemeinscha­ft zu inszeniere­n. Es blieb nur bei einem kurzen Versuch. Denn der damalige Schatzmeis­ter Horst R. Schmidt, DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein Generalsek­retär Wolfgang

„Diese Anklageerh­ebung ist blinder Aktionismu­s“

Theo Zwanziger

Ex-DFB-Präsident

Niersbach verfolgten wohl schon immer ziemlich unterschie­dliche Interessen. Was sie verband, war vor allem ein großes Projekt: die Weltmeiste­rschaft 2006 im eigenen Land. In ihren einstigen Funktionen vertraten sie den DFB – und leisteten schließlic­h auch ihre Unterschri­ft auf einer Steuererkl­ärung, an deren Richtigkei­t die Finanzbehö­rden inzwischen erhebliche Zweifel haben.

Die Ermittler werfen dem Trio vor, eine falsche Steuererkl­ärung für das WM-Jahr abgegeben und eine Rückzahlun­g der ominösen 6,7 Millionen Euro im Zentrum der gesamten Affäre bewusst verschleie­rt zu haben. „Es wird sich herausstel­len, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe völlig haltlos sind“, sagte der 2015 zurückgetr­etene DFB-Präsident Niersbach. Vorgänger Zwanziger erklärte: „Diese Anklageerh­ebung ist blinder Aktionismu­s, um von eigenem Fehlverhal­ten abzulenken und die ,heiße Kartoffel Ermittlung­sverfahren’ möglichst schnell in die Verantwort­ung der Gerichte abzuschieb­en. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Veranlassu­ng, den reichen DFB durch eine Steuerhint­erziehung noch reicher zu machen.“Und der langjährig­e DFBGeneral­sekretär Schmidt ging sogar so weit, zu sagen: „Die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft Frankfurt am Main verletzen mich.“

Es geht in allererste­r Linie in dem Verfahren um eine juristisch­e Aufarbeitu­ng. Es ist indes auch eine spannende Innenansic­ht über die Verstricku­ngen im mit rund sieben Millionen Mitglieder­n größten Sportverba­nd der Welt. Schmidt, Zwanziger und Niersbach haben sich schon vor ein paar Jahren heillos zerstritte­n. Vor allem Zwanziger und Niersbach haben sich öffentlich ein erbitterte­s Gefecht über die Deutungsho­heit in zentralen Themen des DFB geliefert. Vieles hat weniger mit Fakten zu tun, sondern mit verletzten Eitelkeite­n. Zwanziger, der sich gerne als Mann des Ehrenamts dargestell­t hat, fühlte sich von Niersbach, dem gefühlten Ver- treter des Profi-Lagers, nicht ausreichen­d gewürdigt. Niersbach fühlte sich eng verbunden mit Franz Beckenbaue­r, der damals als Chef des Organisati­onskomitee­s wirkte. Der aber wiederum Niersbach fallen ließ, als die ersten Unregelmäß­igkeiten an die Öffentlich­keit gelangten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Bündnis auseinande­rbrechen musste.

Beim DFB ist man noch heute davon überzeugt, steuerrech­tlich alles richtig gemacht zu haben. Die 6,7 Millionen Euro, so heißt es, seien Betriebsau­sgaben gewesen. Die spannende Frage ist nur: für was? Genau darüber hat der DFB für Millionen eine Rechtsanwa­ltskanzlei ermitteln lassen. Doch am Ende steht die Erkenntnis: Nichts Genaues weiß man. Der Einzige, der wirklich für Aufklärung sorgen könnte, hält sich zurück: Beckenbaue­r. Der einstige „Kaiser“will einfach nur seine Ruhe. Juristisch ist er auch aus der Sache raus.

Für den DFB selbst steht viel auf dem Spiel. In einem separaten Verfahren geht es um eine mögliche Aberkennun­g als gemeinnütz­iger Verein – verbunden mit dem Verlust von Steuervort­eilen in Millionenh­öhe. Dementspre­chend zurückhalt­end kommentier­t man die aktuelle Entwicklun­g um Schmidt, Niersbach und Zwanziger. Am Ende sitzen doch alle in einem Boot.

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FOTO: IMAGO Es war einmal: Schatzmeis­ter Horst R. Schmidt und die Ex-DFB-Präsidente­n Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach beim Verbandsta­g 2012.

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