Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bahnhofsreste – ein Fall für Archäologen?
Ein wieder aufgetauchtes Weltkriegsrelikt am Hauptbahnhof wird jetzt den Umweltausschuss beschäftigen. Genauso wichtig aber ist auch die Frage einer Begrünung der Böschung – und die Reinigung der Unterführung Further Straße.
NORDSTADT Jahrzehntelang lagen die mit Jugendstilornamenten verzierten Trümmer der alten Bahnunterführung unbeachtet in einer Böschung am Hauptbahnhof. Durch deren Rodung aber wurden sie sichtbar – und engagierte Neusser wie Albert Wunsch stellen die Frage, ob diese Relikte nicht erhaltenswert sind. Während der Pädagoge nach Unterstützern für seine Idee sucht, sind anderen Neussern andere Dinge wichtiger. Zum Beispiel, ob die Böschung wieder bepflanzt wird. Oder wann die zugesagte Grundreinigung der Eisenbahnunterführung Further Straße erfolgt. Aber dazu gibt es eher schlechte Nachrichten.
Im April gab es einen Ortstermin mit Vertretern der Stadt und Mitar-
„Uns geht es um eine fachmännische Bewertung durch einen Archäologen“
Helga Koenemann
CDU-Fraktionsvorsitzende
beitern der Abteilung Instandhaltung bei der Bahn-Tochter DB Netz AG. Im Ergebnis sollen diese zugesagt haben, bis Mitte Mai die Brückenkonstruktion – nicht zuletzt von jeder Menge Taubenkot – zu reinigen und anschließend die zugesagten Netze zu spannen, mit denen die Tauben künftig von der Brücke ferngehalten werden. Dieser Terminplan wurde von der Bahn inzwischen aber schon wieder aufgekündigt. Dem Vernehmen nach weil eine Haushaltssperre verhängt wurde. Neuer Termin: Demnächst mal. Von der Bahn gab es dazu gestern kein Wort der Erklärung.
Genauso wichtig wie die Unterführung, das „Tor zur Nordstadt“, ist Ingrid Schäfer vom Initiativkreis Nordstadt, dass die Bahnböschung nicht so nackt und kahl bleibt, wie sie sich derzeit präsentiert. Dass die Bahn ihre Verkehrssicherungspflicht im Auge behält und zu groß geratene Bäume entfernt, kann sie verstehen. Sie sieht das Unternehmen aber genauso in der Pflicht, „in ansprechender Weise für eine Begrünung der grob gerodeten Fläche zu sorgen“. So wie jetzt könne es nicht bleiben.
Ob die Mauerreste in die Abteilung „Vergänglichkeit“gehören oder man zu deren Erhalt aktiv werden muss, will Schäfer in der nächsten Vorstandssitzung des Initiativkreises diskutieren. Ähnlich nähert sich die Vereinigung der Heimatfreunde dem Thema, die, wie Jean Heidbüchel als Geschäftsführer bestätigt, den Top kommenden Montag auf der Tagesordnung hat. Beide Gremien hatte Albert Wunsch auf die steinernen Relikte aufmerksam gemacht, sich aber auch an die Parteien gewandt.
Von den Grünen hörte Wunsch seitdem zwar keine Silbe, doch hat die Fraktion um ihren Vorsitzenden Michael Klinkicht jetzt gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU einen Prüfantrag dazu auf den Weg gebracht. Im Umweltausschuss sollen die Steinreste jetzt Thema werden. „Uns geht es zunächst um eine fachmännische Bewertung der Fun- de durch Archäologen“, erklärt die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann eine Zielrichtung des Antrags. Danach könne man debattieren, was mit den Weltkriegsrelikten zu tun sei.
Wunsch hat dazu bereits einen Vorschlag gemacht. „Man könnte mit ihm und einem größeren Foto vom alten Bahnhof gut das Tor zur Nordstadt aufwerten“, sagt er – und spricht heute darüber mit dem Historiker Johannes Schmitz aus Grimlinghausen, ebenfalls Mitglied der CDU-Fraktion. Seine größte Sorge ist aktuell, dass die Steine abgeräumt werden und verschwinden. Denn (noch) liegen sie auf BahnTerrain.