Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Inselfestival endet mit großartigem Konzert
Von der Lesung bei der 17. Auflage in Hombroich zeigten sich viele Zuhörer enttäuscht.
NEUSS (Nima) Als die letzten Besucher am Pfingstmontag kurz vor Mitternacht auf dem mit Kerzen reich illuminierten Weg dem Ausgang der Museumsinsel Hombroich zustrebten, war das 17. Inselfestival nach nochmals einem gut besuchten Tag Geschichte. „Vor allem die Thematik – mit Musik zu den Rändern Europas – ist voll gelungen“, sagte ein zufriedener Planungschef Rainer Wiertz. „Es war wunderbar, wie die Künstler und das Publikum diesem Thema bereitwillig gefolgt sind.“Der Vorstand des Fördervereins wollte den schlechten Besuch der beiden ersten Tage auch in den Pfingstferien begründet sehen.
Unter der Fülle der Veranstaltungen ragte das Konzert mit dem Minguet Streichquartett in der Langen Foundation auch deshalb heraus, weil dieses innovative Museum auf der Raketenstation erstmals in das Programm aufgenommen wurde.
Weniger zufrieden waren die Besucher in der voll besetzten Veranstaltungshalle mit der Lesung zweier renommierter Poeten. Der auf der Raketenstation als Nachfolger von Thomas Kling lebende Dichter Oswald Egger (55) hatte aus Berlin die Autorin und literarische Übersetzerin Esther Kinsky (61), aus Hamburg den Arzt, Psychiater und Lyrik-Autor Farhad Showghi (57) eingeladen. Nach einer kurzen Begrüßung las Farhad Showghi aus den sechs Zyklen seines letzten Werkes „Wolkenpflug spielt Zerreißprobe“, für das er vor kurzem den PeterHuchel-Preis erhielt. Nach 20 Minu- ten räumte er bereits das Podium für Esther Kinsky, die nicht etwa aus ihrem aktuell erschienenen und mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2018 ausgezeichneten hymnischem Landschaftsbild „Hain. Geländeroman“, sondern aus ihrem 2016 erschienenen Gedichtband „Am kalten hang. Viagg’ invernal“zitierte, auch nur 20 Minuten. Wer jetzt erwartet hatte, dass Oswald Egger ein Gespräch mit den Autoren moderieren wird, wurde enttäuscht und musste leicht frustriert die Halle verlassen.
Alle aber wurden entschädigt mit dem letzten Konzert in der Scheune der Museumsinsel, das mit Avi Avital (Mandoline) und Aydar Gaynullin (russisches Knopfakkordeon) zwei Künstler zu Gast hatte, die auf ihren Instrumenten expressive Akrobatik zelebrierten. Mit aufregenden Barockbearbeitungen über wilde rumänische und bulgarische Tänze, Walzer und Polka bis zu Strawinskys „Suite Italienne“elektrisierten die Musiker die mehr als 160 Zuhörer – das bestbesuchte Konzert des Festivals – vollends.
Die rhythmischen Überraschungseffekte und harmonischen „Irrungen“in Igor Strawinskys Orchestersuite klangen in der Bearbeitung für Mandoline und Akkordeon geradezu witzig. In Alfred Schnittkes „Bürokraten“(aus der „GogolSuite“) offenbarte Aydar Gaynullin auch enorm viel komödiantisches Talent und machte den Abend zusätzlich zu einem köstlichen Vergnügen.