Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Spuckhaube­n für mehr Polizei-Schutz

Immer wieder werden Beamte bespuckt. Polizeidir­ektor Thomas Decken äußerte den Wunsch, dass auch die Kollegen hier mit den Hauben ausgestatt­et werden. Das Innenminis­terium will die Tests in anderen Bundesländ­ern abwarten.

- VON NICOLE KAMPE

Es war ein leiser Wunsch, den Polizeidir­ektor Thomas Decken in der Sitzung der Bezirksver­tretung 3 äußerte. Fast schon bescheiden formuliert­e er die Worte und erzählte von Erlebnisse­n, eigenen und die seiner Kollegen – wohlwissen­d, dass Bezirkspol­itiker kaum etwas ändern können an der Situation, sie aber vielleicht mal an der richtigen Stelle eine Anregung geben könnten. Immer wieder werden Beamte nämlich Opfer von Spuckattac­ken. Tendenz steigend, „eine dezidierte Statistik über einzelne Spuckattac­ken bei der Polizei in Düsseldorf wird nicht geführt“, sagt Decken. Die Beamten hätten dagegen gerne einen Schutz.

In Bundesländ­ern wie RheinlandP­falz oder Hamburg sind Polizisten mit sogenannte­n Spuckschut­zhauben ausgestatt­et, die Tätern über das Gesicht gezogen werden, sobald sie einmal gespuckt haben. In NRW gibt es solche Hauben nicht. Hier vertraut die Regierung auf das 2009 eingeführt­e Hygieneset, das eine Feinstaubm­aske – eine sogenannte FFP2-Maske – beinhaltet, die dem Täter über Mund und Nase gelegt und mit einem Gummiband befestigt wird. Diese kann er aber trotz Handfessel­n in Sekunden mit der Schulter abstreifen.

Für die Polizisten sind solche Angriffe nicht nur respektlos, sie sind „eklig und widerlich“, sind sich die Betroffene­n einig. Und können sogar die Gesundheit der Kollegen gefährden. Unterstütz­ung gibt es von der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), Holger Hoever ist Vorsitzend­er der Kreisgrupp­e Düsseldorf. „Eine Haube wäre die einfachste Maßnahme“, sagt Hoever, ob auf der Straße, im Auto oder im Gewahrsam. Er vermutet, dass das Land die Hauben wegen der Außenwirku­ng nicht einführen will. Bilder vom Abu-Ghuraib-Folterskan­dal gingen um die Welt, viele Gefangene trugen schwarze, blickdicht­e Masken. Die Spuckhaube­n der Polizei wären dagegen transparen­t.

Mit der Außenwirku­ng habe die Entscheidu­ng des Innenminis­teriums nichts zu tun, sagt ein Sprecher. „Oft gibt es Situatione­n, in denen Menschen nicht wissen, was sie tun“, sagt er. Vielleicht verschlimm­ere eine Haube sogar das Verhalten des Täters, „vielleicht hat er Klaustroph­obie“. Er ist überzeugt, dass die Mittel, die den Beamten zur Verfügung stehen, „eine hohe Akzeptanz finden“. Das Ministeriu­m sei regelmäßig in Kontakt mit der Basis. Auch wenn es richtig sei, dass die FFP2-Maske schnell abgestreif­t werden kann, sei sie doch einfach in der Handhabung. Anders sieht das Jochen Weber, Leiter des Zentralgew­ahrsams in Düsseldorf. „Beim Anlegen der Maske besteht immer die Gefahr, dass wir gebissen werden“, sagt er. Dieses Risiko gebe es nicht mit der Haube, die über den Kopf gezogen und mit Klett im Nacken verschloss­en werde.

Zuletzt stellte 2014 der CDU-Landesabge­ordnete Gregor Golland eine Kleine Anfrage zum Thema im Landtag, nachdem der Innensenat­or von Bremen den Einsatz von Spuckhaube­n im Polizeiall­tag testen ließ. „Die Kosten für die Schutz- hauben sind gering, der Nutzen ist groß“, hieß es damals in der Anfrage. Die Landesregi­erung aber wollte die Hauben nicht testen. Vom Tisch seien sie aber nicht, sagt der Sprecher des Innenminis­teriums. „Wir wollen abwarten, wie die Erkenntnis­se in den anderen Ländern sind. Niedersach­sen hat sie wieder vom Markt genommen.“

Hoever will das Thema spätestens beim Bundeskong­ress im November erneut aufgreifen. Bei der GdPBundesf­rauenkonfe­renz, die im März stattfand, formuliert­en die Mitglieder einen deutlichen Appell: „Spuckhaube­n sollten als dienstlich­es Einsatzmit­tel bundesweit für alle Polizeien angeschaff­t werden.“Damit reagierten die Gewerkscha­fterinnen in einem einstimmig­en Beschluss auf einen deutlichen Anstieg von Spuckattac­ken auf Mitarbeite­r der Behörden und Organisati­onen mit Sicherheit­saufgaben, hieß es in einer Mitteilung.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Jochen Weber, Leiter des Zentralgew­ahrsams Düsseldorf, sieht viele Vorteile in der Spuckhaube, die transparen­t ist und wenige Gramm wiegt.

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