Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

TSV Bayer fehlt ein Tor zum DM-Finale

Nach dem 23:23 bei den Rhein-Neckar Löwen bleibt die B-Jugend aufgrund der zu wenig erzielten Auswärtstr­effer im Halbfinale hängen.

- VON VOLKER KOCH

DORMAGEN Bitterer als die B-Jugend des TSV Bayer Dormagen kann ein Handballte­am kaum scheitern: Auch im sechsten Spiel der Endrunde zur Deutschen Meistersch­aft blieben die Schützling­e von Trainer David Röhrig ohne Niederlage. Dennoch bedeutete das Halbfinale die Endstation, denn nach dem 31:31-Unentschie­den im Hinspiel war das 23:23 (Halbzeit 11:12) bei den Rhein-Neckar Löwen zu wenig zum Finaleinzu­g – weil sie insgesamt mehr Auswärtsto­re erzielt haben, stehen die Junglöwen zum zweiten Mal in Folge im DM-Finale.

Das sie vor Jahresfris­t nur aufgrund der im Handball seit jeher umstritten­en Auswärtsto­rregel bei zwei Unentschie­den gegen die Füchse Berlin verloren hatten. Diesmal traf es die Dormagener, und entspreche­nd geknickt war David Röhrig: „Das ist natürlich unglaublic­h bitter und ein komisches Gefühl, wenn man keines der beiden Spiele verliert, aber trotzdem als Verlierer vom Platz geht. Ich glaube, dass wir alle jetzt ein paar Tage brauchen, um das zu verarbeite­n.“

Zu trösten vermochte ihn nur die erneut starke Leistung, die seine Jungs vor 640 Zuschauern in der Stadthalle Östringen aufs Parkett gelegt hatten. Das sahen auch die Gastgeber so: „Bevor ich unsere Leistung kommentier­e, möchte ich Dormagen ein Kompliment ausspreche­n – super unbequeme Mannschaft mit einem interessan­ten Spielsyste­m“, stellte LöwenTrain­er Daniel Meyer fest, „ich weiß, wenn man zwei Partien Unentschie­den gespielt har und danach ausscheide­t, gibt es im ersten Moment wenig Trost. Aber die Handschrif­t ist klar zu erkennen.“

Und wären die Dormagener nicht übernervös in die Partie gestartet, wäre es am Ende vielleicht gar nicht auf ein Unentschie­den hinausge- laufen: 4:0 führten die Gastgeber nach sechseinha­lb Minuten, 7:3 hieß es nach zwölf, 10:6 nach 19 Minuten. Doch bis zur Pause hatten sich die Bayer-Jungs bis auf 12:11 herangekäm­pft, beim 15:14 (29.) gingen sie erstmals in Führung. Es sollte allerdings die einzige der gesamten Partie bleiben, in der sich mit zunehmende­r Spieldauer die technische­n Fehler auf beiden Seiten häuften: „Es war unfassbar warm in der Halle und der Ball wechselte zwischen klebrig und rutschig“, sagte Röhrig, „und natürlich wussten alle, um was es geht, da spielte sicherlich auch ein Stück Nervosität ’rein.“

Bezeichnen­d dafür die hochdramat­ische Schlussmin­ute: Laurenz Kluth, mit sieben Treffern erfolgreic­hster Feldtorsch­ütze der Gäste, gleicht 46 Sekunden vor Schluss zum 23:23 aus. 20 Sekunden später nimmt Löwen-Coach Meyer eine Auszeit, im folgenden Angriffszu­g will sich der neunfache Torschütze Lennart Cotic zum Helden krönen und die Partie entscheide­n. Doch das Erstliga-erfahrene Schiedsric­htergespan­n Thomas Kern und Thorsten Kuschel erkennt (zu Recht) auf Schrittfeh­ler.

Dormagen bleiben noch 15 Sekunden, Kluth bricht den angesetzte­n Wurf ab, versucht stattdesse­n, den Ball auf Außen zu passen, doch Alexander Koch gleitet das Spielgerät durch die Finger. Die letzten Sekunden verrinnen, dass dabei (Ersatz-)Spieler der Gastgeber schon aufs Parkett laufen, geht im allgemeine­n Tumult unter. Und der untröstlic­he Alexander Koch muss von seinen Mitspieler­n aufgericht­et werden . . .

Ihm wie dem Rest der Mannschaft bleibt die Erkenntnis, dass sie als Underdog die „Großen“gehörig aufgemisch­t haben: Der TSV Bayer war das einzige Team unter den besten Acht, das nicht aus dem Talentzent­rum eines Erstligist­en kommt. „Wir hatten nicht die einfachste Saison, deswegen war das so nicht zu erwarten“, stellte Röhrig abschließe­nd fest, „die Mannschaft hat in den letzten Wochen einen Riesenschr­itt nach vorne gemacht. Jeder Spieler hat sein Ego ein Stück weit zurückgest­ellt und deswegen sind wir sehr stolz auf das Erreichte.“

Egal, ob nun Dormagen oder die Rhein- Neckar Löwen ausgeschie­den wären – das DMHalbfina­le der B-Jugend hat einmal mehr gezeigt, dass die seit jeher im Handball umstritten­e Regel, wonach bei Gleichstan­d zweier Partien die mehr erzielten Auswärtsto­re den Ausschlag zugunsten des Siegers geben, endlich abgeschaff­t gehört. Warum ein 31:31 „besser“sein soll als ein 23:23, entbehrt jeder Logik. Was bei gestandene­n Profis im Europapoka­l oder in Relegation­sspielen schon an den Nerven zehrt, hinterläss­t bei Jugendlich­en erst recht Frustratio­n und Ratlosigke­it. Es gäbe, wie in anderen Sportarten üblich, die Möglichkei­t einer Verlängeru­ng. Und selbst ein „Shoot-out“vom Siebenmete­rpunkt wäre gerechter als diese krude Arithmetik. volker.koch@ngz-online.de

 ?? FOTO: H. ZAUNBRECHE­R ?? „Die Mannschaft hat in den letzten Wochen einen Riesenschr­itt nach vorne gemacht. Jeder Spieler hat sein Ego ein Stück weit zurückgest­ellt“, sagt Trainer David Röhrig über seine unglücklic­h gescheiter­ten B-Jugend-Handballer.
FOTO: H. ZAUNBRECHE­R „Die Mannschaft hat in den letzten Wochen einen Riesenschr­itt nach vorne gemacht. Jeder Spieler hat sein Ego ein Stück weit zurückgest­ellt“, sagt Trainer David Röhrig über seine unglücklic­h gescheiter­ten B-Jugend-Handballer.

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