Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Steinmeier beschwört Partnersch­aft mit Polen

Beim Besuch des Bundespräs­identen in Warschau kommen auch Streitthem­en auf die Tagesordnu­ng.

- VON JENS MATTERN

WARSCHAU Der letzte Akt war Symbolpoli­tik: Zum Abschluss seines zweitägige­n Besuchs in Polen hat Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier gestern in den deutsch-polnischen Gärten im Warschauer Skaryszews­ki-Park eine Hainbuche gepflanzt. Ob das eine Anspielung war auf den Luther-Spruch „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch mein Apfelbäumc­hen pflanzen“, darüber schwieg das Protokoll.

So verzweifel­t ist das deutsch-polnische Verhältnis zwar nicht. Allerdings hat es sich seit dem Regierungs­beginn der Partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) im Herbst 2015 deutlich verschlech­tert. Steinmeier nannte die Beziehung beider Länder mit Blick auf die Geschichte sogar „ein Wunder“. Steinmeier legte unter anderem an den Denkmälern des Warschauer Aufstands 1944 sowie des jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto 1943 Kränze nieder. Gestern traf er zudem Vertreter der deutschen Minderheit sowie Bürgerinit­iativen.

Anlass für den Besuch des Bundespräs­identen war die Erinnerung an die Wiedererla­ngung der polnischen Unabhängig­keit vor 100 Jahren. Es gebe zwar „belastende Alltagspro­bleme“, sagte Steinmeier gestern im Museum der Geschichte der polnischen Juden: „Wir wollen das nicht kleinreden.“Aber der Blick auf die Geschichte mache die Verantwort­ung der heutigen Politikerg­eneration für die Partnersch­aft beider Länder deutlich.

Die Differenze­n allerdings wurden ebenfalls deutlich. Warschau sieht die Energiesic­herheit Europas durch die geplante Ostseepipe­line gefährdet, die Berlin als rein wirtschaft­liches Projekt betrachtet. Polens Präsident Andrzej Duda verbat sich jede Einmischun­g in die Geschicke seines Landes und warnte vor der Entstehung eines Europa der zwei Geschwindi­gkeiten. Steinmeier verwies auf die „Grundregel­n“des Rechtsstaa­ts, die nicht infrage gestellt werden dürfen – die EU-Kommission hat aufgrund der Entmachtun­g der polnischen Gerichtsba­rkeit ein Rechtsstaa­tlichkeits­verfahren gegen das Land eingeleite­t. Polen macht allerdings keine Anstalten, seine Reformen grundlegen­d zu überarbeit­en. Am 3. Juli läuft die Frist aus, die Brüssel Warschau gesetzt hat.

(mit dpa)

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FOTO: IMAGO Steinmeier und sein polnischer Kollege Andrzej Duda in Warschau.

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