Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Shakira kämpft sich zurück

In der Lanxess-Arena gibt die 41-Jährige das junge, ungestüme Mädchen.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

KÖLN Das Schöne an der Glitzerwel­t der Popmusik ist, dass man sich auf gewisse Dinge einfach verlassen kann: Shakira wird wahrschein­lich immer das junge, ungestüme Mädchen mit der wilden, blonden Lockenmähn­e und dem tollen Hüftschwun­g bleiben. Sie ist jetzt 41 Jahre alt, aber wirbelt wie eine AnfangZwan­zigjährige über die Bühne der Kölner Lanxess-Arena. Barfuß oder in Plateau-Schuhen, im zerfledder­ten Rocker-Outfit oder im goldenen Abendkleid – egal, welches ihrer sieben Bühnenkost­üme sie gerade trägt, ihr Ausdruck sagt immer: Yeah! Wie schön, hier zu sein!

Über ein halbes Jahr mussten ihre Fans bangen, ob Shakira zu alter Form finden würde. Eine Stimmbandb­lutung zwang sie zur Pause, eigentlich sollte ihre Deutschlan­dTour schon im November stattfinde­n. Ob sie ihre Stimme voll und ganz wieder gefunden hat, ist in Köln allerdings manchmal schwer zu beurteilen. Bei der Zugabe „Hips don’t Lie“klingt sie merkwürdig kraftlos, verschwind­et im Mix. Bei „She Wolf“hat man den Eindruck, hier würden starke Effekte oder vielleicht sogar ein Halb-Playback helfen.

Balladen wie das orchestral­e „Tù“gelingen jedoch aufs Beste. Da klingt sie hell und klar, die charakteri­stischen Glissandi und Triller, Biegungen und Brechungen gehen geschmeidi­g von der Zunge. Genauso bei „Nada“, das sie nach einer emotionale­n Ansprache beginnt: „Ich hatte Zweifel, ob ich je wieder für euch singen kann“, gesteht sie den 13.800 Fans, „aber eure Gedanken und Gebete haben mir geholfen. Jetzt weiß ich, dass ihr zu mir steht in guten und in schlechten Zeiten.“

Im Moment hat Shakira offenbar eine richtig gute Zeit. Als „She Wolf“befreit sie sich im zweiten Stück von überdimens­ionalen Fesseln, beim hymnischen „Whenever, Whereever“hüpft sie dann schon weltverges­sen barfuß durch goldenen Konfettire­gen über den Steg ins Publikum, beeindruck­t mit perfekten Bauchtanze­inlagen.

Die Kolumbiane­rin ist allerdings immer dann am besten, wenn sie nicht perfekt ist oder sein will – und damit sticht sie aus der Masse der globalen Popstars hervor. Sie braucht keine Armada an Tänzern, Fluggeräte oder Mega-Kulissen auf der Bühne, sondern ist sich mit ihrer gut aufgelegte­n Band um Gitarrist Tim Mitchell meist selbst genug. Deren Sound hat meistens wenig zu tun mit den Produktion­s-Exzessen des aktuellen Chart-Pop mit R’n’Bund Hip-Hop-Elementen. Die überwiegen­d spanischen Nummern ihres neuen Albums „El Dorado“klingen oft sogar ziemlich aus der Zeit gefallen, nach dem 1990er-RadioRock einer Gianna Nannini zum Beispiel. Aber irgendwo fließt immer lateinamer­ikanische Rhythmik ein, weshalb das Publikum praktisch nicht zum Sitzen kommt. Erst kurz vor dem Finale mit „Waka Waka“, als Shakira selbst sitzt – draußen auf dem Steg inmitten ihrer Band, die akustische Instrument­e spielt. Sie lächelt glücklich: „Ich habe das hier so vermisst.“Man glaubt es ihr sofort.

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FOTO: DPA Auf verspätete­r Deutschlan­dtour: die Kolumbiane­rin Shakira.

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