Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ganztagspl­ätze fehlen berufstäti­gen Eltern

Mehr als 900 Plätze fehlen in Düsseldorf im Offenen Ganztag. Für Eltern mit Job hat das weitreiche­nde Folgen. Schulleite­r sprechen von „enormem Druck“. Zwei Mütter erzählen.

- VON JÖRG JANSSEN UND SONJA SCHMITZ

Kalt erwischt hat es Tanja Ihle, als sie erfuhr, dass sie für ihren Sohn Maximilian (6) in der Paulusschu­le weder eine Übermittag-Betreuung noch einen Offenen Ganztagspl­atz bekommen wird. Bei ihrem Chef war die 42-jährige Bankkauffr­au schon. „Ich habe ihn gefragt, ob ich demnächst weniger arbeiten darf.“Gerne hat sie das nicht getan, denn neben der finanziell­en Einbuße würde sie mehr im Innendiens­t arbeiten müssen. Schließlic­h könne sie keinen Kunden in Siegen treffen, wenn sie ihren Sohn demnächst um 11.45 Uhr an der Schule abholen müsse.

Ganz ähnlich ergeht es Karin Walter. „Wir stehen auf vielen Warteliste­n – Ausgang ungewiss“, sagt die Mutter von drei Kindern, die 20 Stunden pro Woche arbeitet. Ihre älteste Tochter Lisa ging bei der Platzverga­be an der Paulusschu­le ebenfalls leer aus. Walters Dilemma: Engagiert die Familie eine private Kinderfrau, schnellen die Betreuungs­kosten für die drei Kinder schnell in die Höhe. „Es würde sich dann tatsächlic­h die Frage nach der Fortführun­g meiner Berufstäti­gkeit stellen“, sagt die 37-Jährige. Inzwischen hat ihr Arbeitgebe­r eine Ver- TO R mittlungsa­gentur eingeschal­tet, die sie bei der Suche nach einer Betreuung unterstütz­t.

Die Nöte der Eltern versteht Monika Maraun, Leiterin der Paulusschu­le, voll und ganz. „In der Kita war die Betreuung gut geregelt, so dass die meist etwas länger pausierend­en Mütter ziemlich rasch in den Job zurückkehr­en konnten“, sagt sie. Was das fehlende Angebot mit den Betroffene­n macht, erlebt die engagierte Pädagogin hautnah. „Manchmal spielen sich Dramen ab, auch Tränen sind da schon geflossen“, sagt sie. Gerade erst wurden an ihrer Schule in Düsseltal zwei zusätzlich­e OGS-Gruppen eingericht­et. 200 statt 150 Plätze gibt es jetzt. „Wir nutzen Bastel-, Musik-, Theater-, Forschungs- und Bauräume, wirklich jede freie Ecke, die wir haben. Und wir überlegen sogar, ob es möglich ist, auf dem Flachdach unserer Aula neue Räume zu errichten“, sagt Maraun. Und doch kann sie nur einem guten Dutzend der 89 i-Dötze, die ab August zu ihr kommen, auf Anhieb einen Ganztagspl­atz anbieten. „Weil wir erst einmal den größten Teil derjenigen aufnehmen, die bislang schon auf den Warteliste­n standen“, sagt sie.

Schuldezer­nent Burkhard Hintzsche geht davon aus, dass die Warteliste mit aktuell 932 Namen bis zum ersten Schultag „noch einmal kleiner wird“. Zudem gebe es für 300 der aktuell betroffene­n Kinder alternativ­e Betreuungs­angebote in und außerhalb der Schule. Dazu zählten auch Übermittag­sangebote.

Zu den Alternativ­en gehört auch das Angebot, Schulkinde­r ab 12 Uhr in einer Jugendeinr­ichtung im Viertel „Le Flair“betreuen zu lassen. „Doch auch dort waren alle Plätze schon vergeben“, sagt Tanja Ihle, die nun auf ein kleines Wunder hofft, „damit ich die bereits begonnene berufliche Weiterentw­icklung fortsetzen kann“.

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FOTO: HJBA Karin Walther (l., mit Lisa) und Tanja Ihle (mit Maximilian) bräuchten mindestens einen Übermittag­splatz, um ihren Job wie bisher fortsetzen zu können.

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