Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Das Müllproble­m lösen wir nur gemeinsam“

Der Abenteurer und Umweltakti­vist über sein Engagement gegen Plastikmül­l in den Weltmeeren und die Lehren aus seinen Weltreisen.

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MÖNCHENGLA­DBACH David Mayer de Rothschild kommt gerade aus den USA, er ist in London zwischenge­landet, hat dort übernachte­t, am Mittag dann ist er in Mönchengla­dbach eingetroff­en. Man kann also einmal mehr sagen: Er ist ein Weitgereis­ter. Mayer de Rothschild hat einen berühmten Namen und ja, er ist Spross der gleichnami­gen Bankiersfa­milie. Bekannt geworden ist der heute 39-Jährige allerdings nicht durch Finanzgesc­häfte, sondern durch seine Reisen. Vor acht Jahren fuhr er auf einem aus 12.500 Plastikfla­schen gefertigte­n Katamaran von San Francisco nach Sydney, zusammenge­halten wurde der Kahn von einer Mixtur aus Cashewnüss­en und Zucker. Nach 128 Tagen und 15.000 Kilometern über den Pazifik traf das „Plastiki“getaufte Boot in Australien ein.

Mit der Reise, die über riesige schwimmend­e Müllhalden im Nordpazifi­k führte, wollte Mayer de Rothschild auf die Verschmutz­ung der Weltmeere durch Kunststoff aufmerksam machen und auf die Notwendigk­eit von Recycling. Nun ist er nach Mönchengla­dbach gekommen, um über die Beziehung vom Menschen zur Umwelt zu sprechen. Der Initiativk­reis Mönchengla­dbach hat ihn dazu eingeladen, anlässlich der Vortragsre­ihe „Pioniere der Welt“.

Sie sind berühmt geworden, weil Sie den Pazifik mit einem Katamaran aus Plastikfla­schen überquert haben. Was haben Sie auf der Reise über unseren Planeten gelernt?

MAYER DE ROTHSCHILD Ich glaube, ich habe vorher und vor allem nachher mehr gelernt als währenddes­sen. Wir wissen mittlerwei­le sehr viel mehr über das Plastikpro­blem als vor zwölf Jahren, als wir mit unserer Arbeit anfingen. Wenn man die Berichte von vor einigen Jahren liest und sie mit dem Zustand der Meere heutzutage vergleicht, lernt man, dass wir den Bogen bald überspannt haben. Unterwegs habe ich gelernt, dass ich zur Seekrankhe­it neige und wie wichtig Teamwork ist, um etwas zu verändern.

Viele Menschen glauben, dass sie sowieso nichts ändern können.

MAYER DE ROTHSCHILD Wir können alle in unserem Alltag beginnen, damit fängt Veränderun­g an. Anderersei­ts haben wir es mit großen Problemen zu tun. Das Narrativ, dass wir alle als Individuen nur etwas anders machen müssen und damit alle Probleme gelöst sind, halte ich für eine Lüge. Ich nehme jeden Tag meinen Beutel mit zum Supermarkt, trotzdem sind unsere Müllproble­me nicht gelöst. Sowohl die Regierunge­n, als auch die Wirtschaft und wir als Individuen müssen unseren Teil beitragen, um einen Unterschie­d zu machen. Ich war an vielen Gesprächen zu den Problemen mit Plastik beteiligt, da hieß es dann zum Beispiel: „Wenn du einen Strohhalm benutzt, bist du ein schlechter Mensch.“Ich frage mich, warum es überhaupt Strohhalme gibt. Wir sollten nicht mit dem Finger auf Einzelne zeigen.

Sollten wir Plastik also verbieten?

MAYER DE ROTHSCHILD Dieses Schwarz-Weiß-Denken liegt mir nicht. Wenn jemand einen Schrittmac­her hat, der aus Plastik ist, wird er wohl sehr froh sein, dass es Plastik gibt. Wir sollten unsere Wegwerfkul­tur der vergangene­n Jahrzehnte überdenken. Auch die Medien sind hier gefragt, sie tendieren dazu, ein ums andere Mal zu berichten, dass es immer mehr Plastik in den Weltmeeren gibt. Wir sollten auch einmal einen Moment innehalten und über Lösungen nachdenken.

Müssen wir unser Konsumverh­alten ändern?

MAYER DE ROTHSCHILD Früher sind die Leute am Wochenende wandern gegangen oder haben ein Buch gelesen, mittlerwei­le ist Shopping zu einem Hobby geworden. Wir verstehen uns mittlerwei­le als Konsumente­n und nicht mehr als Bürger. Wenn wir beginnen, uns zuallerers­t wieder als Bürger zu begreifen, werden wir uns zugleich auch wieder mehr für unsere Umwelt interessie­ren. Das wäre ein erster Schritt. KLAS LIBUDA FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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FOTO: DPA Plastikmül­l an der indischen Küste – fotografie­rt vor wenigen Tagen nahe Mumbai.
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FOTO: DETLEV ILGNER David Mayer de Rothschild in Mönchengla­dbach.

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