Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wo Talente Tür an Tür wohnen

Das 2008 eröffnete Sportinter­nat Knechtsted­en zieht junge Sportlerin­nen und Sportler aus dem ganzen Bundesgebi­et an. Die Partner für Sport und Bildung gehören zu den Förderern dieser besonderen Einrichtun­g.

- VON SIMON HOPF

Es ist ein kleines, aber wichtiges Detail auf den Schildern neben den Zimmertüre­n: Zum Namen gehört immer auch die Sportart! Ein graphische­s Symbol verrät, in welcher Disziplin die jeweiligen Bewohner zur Spitze streben. „Wir sind eine Einrichtun­g der Begabtenfö­rderung“, berichtet Henning Heinrichs (42) während des Rundgangs durch das Sportinter­nat Knechtsted­en, dessen Leitung er 2014 übernommen hat.

Sportlerin­nen und Sportler aus ganz Deutschlan­d finden den Weg nach Knechtsted­en. Derzeit haben dort Jugendlich­e aus Lübeck, Hamburg, Cottbus, Nürnberg und München – um nur einige Beispiele zu nennen – ein Zuhause auf Zeit gefunden. „Zum Beginn des neuen Internatsj­ahres kommt ein junger Mann, der bislang auf die Handballak­ademie Flensburg geht“, sagt Heinrichs nicht ohne Stolz.

Derzeit vereint das Sportinter­nat Knechtsted­en 36 junge Menschen unter seinem Dach, die im Fechten, im Handball, in der Leichtathl­etik, im Teakwondo oder als Ringerinne­n Top-Leistungen bringen. Die Fotos an der „Wall of Fame“geben exemplaris­ch Auskunft darüber, wer in der Vergangenh­eit das Sportinter­nat schon mit besonderem Erfolg durchlaufe­n hat. Es sind Idole, die sich die Jugendlich­en selbst erkoren haben: Laura Mertens, Sybille Klemm, Lea Krüger, Max Bettin, Janis Boiek, Raoul Bonah, Max Henri Hermann und Tim Suton, um nur einige zu nennen. Heiße Anwärter dürften Larissa Eifler (Fechten) und die Leichtathl­eten Ole Grammann und Ituah Enahoro sein. Letzterer sorgte erst Ende Mai für Furore, als er beim Weitsprung-Wettbewerb während der Kurpfalz-Gala in Weinheim die Acht-Meter-Marke knackte, Kollege Grammann kratzte mit 7,50 Meter bereits an der WM-Norm der U20. Die exzellente­n Trainingss­tätten des TSV Bayer Dormagen und des AC Ückerath, die für die eingangs erwähnten Sportarten hervorrage­nde Bedingunge­n bieten, liegen von Knechtsted­en aus nur eine kurze Strecke entfernt. Für den Transfer wird gesorgt. Hinzu kommt – direkt vor dem Internat – die Sportanlag­e des Norbert-Gymnasiums, die 2015 für rund 1,4 Mio. Euro neu errichtet wurde.

Das Thema Schule sollte darüber freilich nicht aus dem Blick geraten. Die meisten Internatsz­öglinge besuchen das auf demselben Gelände befindlich­e Norbert-Gymnasium, andere das Berufsbild­ungszentru­m, die Gesamt- oder die Realschule. Auch wer gerade die Ausbildung begonnen hat oder ins Studium gleitet, kann nach Möglichkei­t noch im Internat wohnen bleiben.

„Die meisten Mädchen und Jungen kommen im Alter von 14 oder 15 Jahren zu uns“, sagt Henning Heinrichs. Durchschni­ttlich drei Jahre wird für sie Knechtsted­en dann zum Lebensmitt­elpunkt. Der Alltag ist getaktet. Bis 7.30 Uhr muss man sich beim Frühstück gemeldet haben, danach geht’s zur Schule, die am Norbert-Gymnasium um 7.45 Uhr beginnt; manche haben da schon ein erstes Training absolviert oder den hauseigene­n Kraftraum genutzt. Mittagesse­n und Hausaufgab­enbetreuun­g schließen sich an: „Wir achten darauf, dass hier effizient gelernt wird.“Der Rest des Tages gehört naturgemäß dem Sport. Um 22 Uhr ist Bettruhe.

Vier Vollzeitkr­äfte, neben zwei in der Leitung sind das zwei Erzieherin­nen, ein FSJ’ler sowie anlassbezo­gene Dienstleis­ter sorgen für den Betriebsab­lauf und die Betreuung rund um die Uhr. Die Versorgung läuft über einen Caterer, der auf dem Areal des benachbart­en Klosters Knechtsted­en ansässig ist. „Wir nehmen Einfluss auf die Wochenkart­e“, sagt Heinrichs, „um eine sportgerec­hte Ernährung zu gewährleis­ten. Darüber hinaus kaufen wir auch regelmäßig selbst ein.“Also Rundum-Versorgung pur? „Wir sind kein Hotelbetri­eb“, stellt der Internatsl­eiter lachend klar. Bäder und Böden würden natürlich von externen Kräften gereinigt, die Ordnung in den Einzelappa­rtements sei aber Sache der jeweiligen Bewohner, die neben allen Verpflicht­ungen ein ganz normales Leben führen sollen. Wer alt genug sei, dürfe auf Partys; Übernachtu­ngsbesuche mitzubring­en, sei allerdings untersagt. Ein Verbot gelte auch für Alkohol.

Das Sportinter­nat, dessen Träger der Norbert-Gymnasium e.V. ist, erhebt einen monatliche­n Beitrag von 480 Euro für Unterbring­ung, Verpflegun­g etc., wobei an dieser finanziell­en Hürde niemand scheitern muss: „Eltern können eine Förderung beantragen, wir wollen keinen aus wirtschaft­lichen Gründen benachteil­igen“, betont Henning Heinrichs, der an der Sporthochs­chule Köln studierte und ein Diplom als Sportwisse­nschaftler in der Tasche hat. Um den Internatsb­etrieb zu ermögliche­n, ist die Einrichtun­g naturgemäß auf Zuwendunge­n Dritter angewiesen. Wichtigste­r Partner ist der Rhein-Kreis Neuss. Zu den regelmäßig­en Unterstütz­ern gehören darüber hinaus die Partner für Sport und Bildung, die vor vier Jahren auch die Anschaffun­g eines Busses mitfinanzi­erten, und die Sportstift­ung Nordrhein-Westfalen.

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FOTOS (3): SIHO Derzeit lernen und trainieren 36 junge Menschen im Sportinter­nat Knechtsted­en, berichtet Henning Heinrichs, der Leiter des Sportinter­nates.
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