Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Romantisch­er Klamauk aus Paris

„Liebe bringt alles ins Rollen“ist ein Spaß im Stil von „Ziemlich beste Freunde“.

- VON JULIA KILIAN

(dpa) Mit der Wahrheit hat es Jocelyn so gar nicht. Der Chef eines Turnschuh-Konzerns flunkert ununterbro­chen. Ob am Flughafen („Ich habe zwei Kilo Gras dabei“) oder in Gegenwart hübscher Frauen („Ich war mal Fischer in Lissabon“). Franck Dubosc spielt in „Liebe bringt alles ins Rollen“einen Playboy, der anderen frei auf den Hintern guckt und seinen Pool per Fernbedien­ung zudeckt.

Als seine Mutter stirbt, besucht Jocelyn ihre Wohnung und setzt sich in ihren Rollstuhl. Plötzlich steht Nachbarin Julie in Hotpants im Zimmer. Sie ist Krankenpfl­egerin und hält Jocelyn für querschnit­tsgelähmt. Jocelyn nutzt das Missverstä­ndnis aus – und hofft auf einen Mitleidsbo­nus.

Julie hat jedoch einen anderen Plan. Denn Julie hat eine schöne Schwester – und Florence (Alexandra Lamy) sitzt selbst im Rollstuhl. Ganz so einfach, das sei schon verraten, wird es deswegen alles nicht. Die Komödie lässt anfangs keinen Klamauk aus. Witz über Darmspiege­lung inklusive. Je näher sich Florence und Jocelyn aber kommen, desto netter wird der Film. Man muss unweigerli­ch an „Ziemlich beste Freunde“von 2011 denken.

Auch dieser Film macht es sich nun zum Thema, etwas über das Leben von Menschen mit Behinderun­g zu erzählen. Auf der Leinwand sieht man solche Geschichte­n und Szenen noch eher selten. Dabei lebt allein in Deutschlan­d etwa jeder elfte Mensch mit einer körperlich­en oder geistigen Schwerbehi­nderung. Laut Statistisc­hem Bundesamt wa- ren es Ende 2017 rund 7,8 Millionen Menschen. Trotzdem wissen viele Menschen nicht, wie sie darüber reden oder sich verhalten sollen.

So geht es auch Jocelyn, der an Barney Stinson aus der Fernsehese­rie „How I Met Your Mother“erinnert. Nur grauer und älter. Der Komiker Dubosc spielt nicht nur die Hauptrolle, sondern ist auch Autor und Regisseur des Films. Auf die Idee für das Drehbuch sei er auch durch seine Mutter gekommen, die irgendwann auf einen Rollstuhl angewiesen war.

Er habe auch immer eine Liebesgesc­hichte zwischen Menschen erzählen wollen, die körperlich verschiede­n seien. „Als Kind habe ich mich in ein Mädchen verliebt, das sehr stark geschielt hat“, zitiert die Filmfirma Dubosc. Alle hätten sich über sie lustig gemacht, aber er habe sie mit anderen Augen gesehen.

In seiner Rolle leistet sich Dubosc allerhand Fettnäpfch­en: „Ich wollte all die dummen Sachen zeigen, die aus Ignoranz gesagt werden, und die verschwind­en, sobald man mit Liebe auf die andere Person schaut.“Doch was wird am Ende aus ihm und Florence, die in ihrem Rollstuhl Tennis spielt und als Violinisti­n auftritt? Wenn man über etliche Altherren-Schwenks und überdrehte Szenen zu Beginn hinwegsieh­t, wird „Liebe bringt alles ins Rollen“noch ein schöner Film. Liebe bringt alles ins Rollen, Frankreich 2018 – Regie: Franck Dubosc, mit Franck Dubosc, Alexandra Lamy, 109 Min.

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FOTO: DPA Jocelyn (Franck Dubosc) und Florence (Alexandra Lamy) .

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