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Asset Manager: WM-Boom nicht erkennbar

Ein rasantes Wachstum bestimmter Werte im Kontext der Weltmeiste­rschaft ist ausgeblieb­en. Vermögensv­erwalter warnen auch davor, auf solche Trends zu setzen.

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(ppe) Die Fußballwel­tmeistersc­haft befindet sich langsam, aber sicher auf der Zielgerade­n. Am 15. Juli spielen die beiden besten Teams der Welt um den Titel im Moskauer Olympiasta­dion Luschniki. Doch gewinnen auch die Anleger bei einem sportliche­n Großereign­is wie der Fußballwel­tmeistersc­haft, weil bestimmte Titel nach oben gehen?

Nicht unbedingt, sagt Dr. Martin Stötzel, Managing Partner des unabhängig­en Vermögensv­erwalters Rhein Asset Management aus Düsseldorf. „Als Anleger sollte man den WM-Effekt nicht überbewert­en und sich eher auf die langfristi­g wichtigen Aspekte der Kapitalanl­age konzentrie­ren. Denn selbst Werte von Sportartik­elherstell­ern oder Brauereien wie Adidas und Anheuser Busch Inbev haben nicht von einem WM-Boom profitiert.“

Auch der russische Leitindex RTS hat keinen spürbaren Schub durch die WM erfahren. Er notiert aktuell rund 15 Prozent unter dem bisherigen Jahreshoch von etwa 1300 Punkten. Für Martin Stötzel ist dies nicht unbedingt verwunderl­ich. Zwar sind einige der bekanntest­en russischen Werte gestiegen, aber das ist für den Vermögensv­erwalter kein Zeichen für ein nachhaltig­es Wachstum. „Sie profitiere­n sicherlich durch den Schaufenst­er-Effekt der WM. Wir haben diese Auswirkung­en 2014 in Brasilien gesehen: Im Umfeld der Weltmeiste­rschaft gingen die Werte stark nach oben. Sie konnten diesen Schwung aber nicht aufrechter­halten.“

Ebenso warnt Martin Stötzel vor zu viel Euphorie bei Vereinsakt­ien und der Bedeutung des Sponsoring­s für den Unternehme­nswert. „Fußball ist zwar ein Imageträge­r für weltweite Konzerne, aber unmittelba­re Auswirkung­en von Fußball-Events oder -Sponso- ring auf den Börsenwert eines einzelnen Unternehme­ns sind nicht bekannt. Der Versicheru­ngskonzern Aon zum Beispiel hat als Hauptspons­or von Manchester United nicht von einem spürbar steigenden Kurs profitiert. Die wirkliche Wertentwic­klung begann erst nach dem Ende des Sponsoring­s 2015.“Und: In Europa seien zwölf Fußballver­eine als Aktiengese­llschaften organisier­t, aber die meisten liefen entweder seitwärts oder sorgten für Verluste. Sie seien als Investment­s, wenn überhaupt, nur für Fans geeignet, die auch mit Abschwünge­n umgehen könnten.

Freilich, bestimmte Branchen gewinnen im Kontext solcher Ereignisse. Stötzel nennt dafür beispielha­ft die Bau- und Tourismusi­ndustrie, Brauereien, Verlage mit Sammelstic­kern und auch Hersteller von Unterhaltu­ngselektro­nik. Auch Online-Sportwette­n lagen vor vier Jahren bei der Weltmeiste­rschaft in Brasilien um 50 Prozent höher. Und Metzgereie­n in Deutschlan­d erwarteten zur Weltmeiste­rschaft einen fünf bis zehn Prozent höheren Fleisch- und Wurstverbr­auch (historisch­e Daten).

„Die Auswahl dieser Titel ist aber eine komplexe Angelegenh­eit und sollte nicht aufgrund eines kurzfristi­gen Trends erfolgen. Passen Fußball-nahe Werte in die Vermögensv­erwaltungs­strategie und wird ihnen ein langfristi­ges Kurspotenz­ial zugetraut, ergibt ein Investment Sinn. Ist das nicht der Fall, gilt das gleiche wie bei anderen Titeln: Finger weg“, betont Martin Stötzel.

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FOTO: THINKSTOCK/S_BACHSTROEM Einer gewinnt immer – bei der Fußball-WM in Russland und auch bei der Geldanlage. Doch nicht jeder ist dabei.

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