Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Montags beim Biwak
Karikaturist Wilfried Küfen hat exklusiv für die NGZ-Beilage zum Schützenfest 2018 ein Bild vom Schützen-Biwak gemacht.
Wenn gestandene Männer auch bei von Wolken verhangenem Himmel Sonnenbrille tragen, dann ist SchützenfestMontag in Neuss. Zwei Tage und zwei Nächte währt das Fest bereits, die Anstrengungen haben sich tief in die Gesichter der Feierwilligen eingegraben, die nun ihrerseits versuchen, ihre Blessuren hinter getönten Gläsern vor neugierigen Blicken zu verbergen. Meistens vergeblich. So trägt die Mehrheit doch ihre Augenringe wie Auszeichnungen, wenn es am Vormittag zum Dienst geht: Antreten zum Bier fassen! Montag ist Biwak-Tag. Mancher Zug bleibt im privaten Rahmen unter sich oder geht zum musikalischen Frühschoppen ins Zelt, andere nehmen Einladungen aus Wirtschaft und Kultur an, führen zu Hunderten ein feucht-fröhliches Lagerleben: im Landestheater, bei Timmermanns oder im Crown Plaza. Gigantische Netzwerk-Veranstaltungen – allesamt ohne Programm. Die Schützen sind sich selbst genug.
Wimmelig wie sonst nirgends geht es auf dem Münsterplatz zu. Unter den 1200 Mann sind Nicht-Uniformierte die Ausnahme. Sie alle sind Gäste der Volksbank Düsseldorf Neuss, alljährlich Gastgeber des größten Biwaks. Die Schützen quatschen, sie rekeln, sie lauschen der Musik, sie singen, sie trinken, sie liegen sich in den Armen, sie finden es einfach nur wunderbar. Vier Stunden bewegtes Nichts und alle sind sich einig: Schöner kann’s woanders auch nicht sein. Damit ist das Feld bereitet, auf dem sich Wilfried Küfen wohlfühlt. Er, der Karikaturist, der zugleich Ur-Neusser, Spielmann und schützendoll ist, hat diese Biwak-Szene für die NGZ-Festausgabe 2018 festgehalten – eine Momentaufnahme, die dennoch zeitlos ist. Ein jeder findet wenn nicht sich, so doch ihm vertraute Ereignisse im wimmeligen Geschehen wieder: fröhliche Sänger, stille Zecher, die verkaterte Zugsau, den vorlauten Edelknaben, lädierte Sonnenbrillen-Träger.
Vorn die Protagonisten. Der nur scheinbar seröse Spieß, der kurz davor ist, die Übersicht zu verlieren. Mit gespitztem Bleistift stellt er fest, dass „Übertrach“mit den meisten Strafen auf dem Weg zur Zugsau ist. Noch fehlt ihm die Einsicht, dass Übertrach kein Zugmitglied ist, sondern eine Zwischenaddition. Der vorlaute Edelknabe, beschützt vom edlen Grenadier, benutzt den Namen eines Stanley-Kubrick-Films über den Vietnamkrieg („Full Metal Jacket“), um auf den Nachbarn hinzuweisen, der seine Jacke mit Orden und Pins derart geschmückt hat, dass sie einer Rüstung ähnelt. Er schreckt dabei auch vor Anhängern von ADAC und vom Kaninchenzuchtverein nicht zurück. Sein Gegenüber bekämpft den Restalkohol mit einer derart scharfen Currywurst, dass ihm die Flammen aus dem Mund schlagen. Ein Feuerlöscher leistet erste Hilfe.
Wilfried Küfen hat einen Blick für Situationen und die kleinen menschlichen Schwächen. Er hält sie in seinem köstlichen Werk fest, auf dem der Betrachter immer wieder neue Entdeckungen macht. So wie diese: Kein Pferd ist zu sehen, doch die Pferdeäpfel, die auf keiner Schützenkarikatur Küfens seit den 1970er Jahren fehlen, haben auch ihren Platz beim Biwak gefunden. Ganz unten auf einem Bierdeckel. Und noch eins: Küfen ist Old School – auch beim Bier. Seine Schützen trinken durchweg Alt. Kein helles Schützenbräu.
Das Original der Küfen-Karikatur geht als Geschenk der NGZ wie sein Vorgänger ans Schützenmuseum.