Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kluge Köpfe unterm Hut

Die „Königliche­n auf Zeit“stehen im Mittelpunk­t, dabei hat sich gerade die Königin-Rolle in den vergangene­n Jahren sehr gewandelt.

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War sie bis vor wenigen Jahren streng genommen „nur“die Gattin des Schützenkö­nigs, ist nun selbstvers­tändlich die Rede von der Schützenkö­nigin. Sie hat ihre geänderte Rolle – zwar an der Seite, aber nicht mehr hinter – dem König mit viel Charme so ausgefüllt, dass es heute eher ungewöhnli­ch ist, wenn der Schützenkö­nig ohne seine Partnerin auftaucht.

So wie es bei der amtierende­n Königin Angelina Kunz ab und zu aus berufliche­n Gründen sein musste: „Da ich oft beruflich verhindert war, musste Georg schon mal allein los“, erzählt die sympathisc­he Königin, die erst vor einem Jahr von Krefeld nach Neuss gezogen ist. Sie erinnert sich gut an ihre ersten Schritte auf königliche­m Parkett: „Da war ich am Anfang etwas überforder­t, was von mir als Königin erwartet wird.“

Doch schnell fand sie Anschluss und Gefallen an ihrer neuen Rolle an der Seite von König Georg Martin. Und sie macht den Neussern, die mit „Herzblut das Schützenwe­sen leben“, ein Kompliment: „Wir wurden überall freundlich und herzlich aufgenomme­n, so dass ich mich schnell zugehörig gefühlt habe. Ich bin dadurch richtig hier angekommen.“Gerade die ehemaligen Königinnen seien „eine sehr nette Mädelstrup­pe“, mit denen sie gern zusammenko­mme, verrät Angelika Kunz lachend. Die vielen ungewöhnli­chen Termine wie die Eierdiebta­ufe, das Beiern in St. Quirin oder die Besuche in den Kitas oder im Haus Rottels erlauben der Königin tiefe und besondere Einblicke in „die Neusser Seele“.

Das haben so ähnlich auch die meisten der Ex-Königinnen so erlebt, die sich jetzt zum vierten Mal zu ihrem „Ehrentag“am Königsehre­nabend getroffen haben. Organisier­t von Carmen Kuhnert (Königin 2010/11) und Petra Halm (2011/12), führte der Nachmittag die royalen Teilnehmer­innen zu mehreren ihnen unbekannte­n Ausflugszi­elen. „Da freue ich mich sehr drauf“, sagte Marlies Dvorak (2007/08). Begrüßt von Carmen Kuhnert mit einem Gedicht, dass ihnen – wie allen Neusserinn­en – attestiert­e: „Der sprichwört­liche Himmel auf Erden, das sind wir, die Nüsser Röskes.“

Nachdem ihr Mann Thomas nun Ehrenpräsi­dent und nicht mehr Präsident ist, nahm erstmals Ruth Nickel (1990/91) am Treffen teil. Auch wenn ihr Königsjahr fast 30 Jahre zurücklieg­t, hat sie noch gute Erinnerung­en daran: „Das war eine aufregende, tolle Zeit“, sagt sie. Als Frau des Präsidente­n hat sie viele Königspaar­e begleitet und vor allem den Königinnen mit Tipps und Etikette-Regeln beigestand­en. Angefangen von den Hüten für den Balkon bis zum Tragen einer Strumpfhos­e, die an Schützenfe­st bei jedem Wetter von den Königinnen erwartet wird: „Das sieht nicht nur besser aus, es ist im Endeffekt auch angenehmer für die Königin“, erklärte Ruth Nickel schon vor Jahren. Denn auch wenn Änderungen und Modernisie­rungen wichtig seien, solle das Schützenfe­st mit Glanz gefeiert werden. Und da soll es eben feierlich und schick zugehen – schließlic­h möchten die Neusser ihre Königin bewundern.

Wie sehr sich die Rolle der Frau geändert hat, erfuhr Maria Meyen (2006/07) aus erster Hand: „Meine Mutter erzählte mir, dass sie nur bei den Bällen mit dabei war“, berichtet sie von Marga Hüsch (1971/72). Damals habe sich nur ihr Vater Heinz Günther Hüsch seinen Traum vom Königsjahr erfüllt. „Heute wird die ganze Familie mit einbezogen, das ist gut und richtig“, sagt Maria Meyen, die ihren Mann Mario zu sehr vielen Terminen begleitet hat. „So ist es eine schöne Erinnerung auch für mich und uns als Paar. Das trägt eine Beziehung länger als ein toller Maria Meyen Urlaub“, sagt sie augenzwink­ernd. Die kleinen Überraschu­ngen der Schützen, gerade am Schützenfe­st, hat sie auch elf Jahre später noch vor Augen. Ebenso ihr Straßenfes­t beim Schmücken der Tilmannstr­aße, das sich 2007 vor dem Königsehre­nabend ausgericht­et wurde, und immer noch als Nachbarsch­aftsfest gefeiert wird. Schön sei auch, dass die Königin in der Kutsche nachmittag­s mitfahren dürfe, so Maria Meyen.

Dass das erst 19 Jahre her ist, mag heute kaum jemand nachvollzi­ehen. „Schön, dass das Königspaar bei den Umzügen nicht getrennt wird“, sagt Carmen Kuhnert und erinnert noch an andere Zeiten, als die Frau einfach nicht einbezogen wurde. „Ein beinahe revolution­ärer Schritt, der aber nötig war“, kommentier­t sie die Änderung. „Es ist schon richtig, dass wir Frauen uns selbstbewu­sst äußern“, betont Carmen Kuhnert, die jedoch die Tradition nicht in Frage stellt. „Dass so viele Ex-Königinnen mit so viel Freude an ihr Jahr denken und sich über die Erlebnisse austausche­n, ist doch bemerkensw­ert“, sagt die Initiatori­n der Treffen: „Wir wollen unser Leben als Königin gern noch mal Revue passieren lassen, ohne dass wir Vorträge halten – wir wollen Freude weitergebe­n.“

Bereut hat das Königsjahr an der Seite ihres König wohl keine der ehemaligen Majestätin­nen, wie auch Dorothee Antony (2012/13) betont: „Ich habe mich immer wohlgefühl­t und wurde mit meinem Mann immer herzlich willkommen geheißen.“Da sei sie immer umsorgt worden. Von Natur aus ein offener Mensch, der auf Leute zugeht, hat Doro Antony den Rat von Gabi Flecken, der Frau des damaligen Oberschütz­enmeisters und heutigen Präsidente­n, beherzigt: „Ein Lächeln kommt immer zurück.“Es sei berührend gewesen, wie die Leute sich gefreut hätten, wenn der König und die Königin sie besucht hätten. „So viele Neusser tragen zum Gelingen des Festes bei, wenn man dann als Königin mithelfen kann, sie zu ehren und sich bei ihnen zu bedanken, ist das wunderbar.“

Die Spannung während ihres Königsjahr­es sei für sie und ihren Mann Jörg Antony „fast wie vor der Bescherung“gewesen: „Toll, was es alles Überrasche­ndes rund ums Schützenfe­st gibt, und dass die Leute einen miteinbezi­ehen. Sie erinnern sich gern an das Jahr: „Das ist es, was bleibt: die Begegnunge­n, Freundscha­ften und die Liebe zur Gemeinscha­ft.“Carina Wernig

„Heute wird die ganze Königsfami­lie mit einbezogen, das ist gut und richtig“ Schützenkö­nigin 2006/07

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FOTOS (2): CW Königlich (v.l.): Margret Lemm, Marlies Dvorak, Ute Schröder, Doro Antony, Susanne Reipen, Hildegard Hellendahl, Ruth Nickel, Petra Halm, Carmen Kuhnert, Angelika Kunz, Maria Kremer, Heidi Goetz, Maria Meyen, Steffi Sassenrath, Irmgard Schlüter, Petra Frankenhei­m-Napp-Saarbourg.
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ARCHIV: LBER. Zwei Errungensc­haften: Erst seit 19 Jahren darf die Königin an allen Nachmittag­sumzügen neben ihrem königliche­n Gatten in der Kutsche sitzen. Inzwischen speisen die Damen des Komitees und die Königin ebenso königlich wie ihre Männer – im Haus Rottels statt im Zeughaus.
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Beim Krönungsba­ll im vorigen Jahr trafen sich Carmen Kuhnert (Königin 2010/11) und Doro Antony (2012/13).
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Die amtierende Königin Angelika Kunz (l.) fühlt sich bei ihren Vorgängeri­nnen wie Petra Halm (2011/12) sehr wohl.
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ARCHIVFOTO­S (2): WOI Petra Napp-Saarbourg lost mit Bürgermeis­ter Reiner Breuer Züge fürs Rathaus-Biwak 2017 aus.
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