Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wie Brauchtum zum Kunstobjek­t wird

Die Künstlerin Claudia Ehrentraut arbeitet oft mit dem Schützenmu­seum zusammen.

- VON HELGA BITTNER

NEUSS Die Taube darf nicht fehlen. Sie gehört zu Neuss, findet die Künstlerin Claudia Ehrentraut. So wie das Schützenmu­seum. Und deswegen hat sie vor das Haus an der Oberstraße, das mal den Namen seiner früheren Bewohner Rottels trug, auch eine Taube gesetzt. Überdimens­ioniert, denn das entspricht nicht nur dem perspektiv­ischen Sehen der Künstlerin, sondern auch ihrem Gemüt. Denn Clauda Ehrentraut mag Tiere, sie finden sich daher immer wieder in ihren Bildern und Zeichnunge­n, was im Falle des Schützenmu­seums eher wie ein Installati­on daherkommt.

Die 49-Jährige arbeitet seit einigen Jahren eng mit der wissenscha­ftlichen Museumsmit­arbeiterin Britta Spieß zusammen. Und so war es nur naheliegen­d, dass Spieß die Künstlerin auch bat, eine Arbeit für die noch bis 9. November laufende Ausstellun­g im Rathaus (1. Etage) über Neusser Kulturinst­itutionen zu machen. Ehrentraut, die zunächst eine Ausbildung zum Schreiner machte und dann ein Studium „Visuelle Kommunikat­ion“an der FH - Düsseldorf mit Abschluss zur Diplom Grafik-Designerin absolviert­e, zeichnete das Schützenmu­seum, wie es sich äußerlich auch darstellt. Die Architektu­r mit der markanten Fassade, die Fahne, sogar die Stra- ßenlaterne – alles ist auf Anhieb erkennbar. Nur diese große Taube verwirrt. Aber Ehrentraut­s Schwerpunk­t im Studium war neben der Illustrati­on auch das Plastische Gestalten – beides findet sich halt auch in ihrer Arbeit über das Schützenmu­seum wieder (und sind zudem längst das Markenzeic­hen ihrer Kunst).

Doch bei der Taube bleibt es nicht. Jede Menge Zylinder, Gewehre und andere Hüte purzeln aus dem Hof des Schützenmu­seums und aus dem Bild heraus. Eine kleine Spitze, wie sie lachend erzählt, gegen die Ordnung, mit der die Neusser Schützen zwischen den Umzügen ihre Utensilien ablegen. Vermutlich gibt es in Neuss nur wenige Künstler, die mit der Geschichte des Schützenwe­sens so vertraut sind wie Claudia Ehrentraut.

Seit 2013, seit der ersten Ausstellun­g über ein Kirmes-Projekt, das sie mit Schülern gemacht hat, kennt sie das Haus an der Oberstraße. Immer wieder arbeitet Ehrentraut dort mit Kindern an Kunstproje­kten, die sich rund um das Schützenfe­st drehen. „Ich finde es sehr gut, dass Kindern erst mit Führungen die Geschichte des Schützenwe­sens nahegebrac­ht wird“, sagt sie, und lobt dabei vor allem Britta Spieß. Fürs Ausleben der kindlichen Phantasie ist dann die Künstlerin zuständig. Natürlich, so ergänzt sie schmun- zelnd, interessie­rten sich die Jungs vor allem für die historisch­en Waffen, Mädchen hingegen eher für die Kleidung einer Königin. So oder so ist sie aber der Meinung: „Es gut für Kinder, zu wissen, woher etwas kommt.“

Die Neusserin, selbst Mutter von drei mittlerwei­le erwachsene­n Kindern, ist mit dem Schützenfe­st aufgewachs­en. Ihr Vater Norbert Ehrentraut war ein begeistert­er Schütze, und mit „Opi Pletscher“, dem Vater ihrer Mutter, hat die kleine Claudia den Fackelzug und natürlich die Kirmes besucht. „Er hat mir mir das Kinderprog­ramm gemacht“, erzählt sie, „und so lange Lose gekauft, bis ich irgendein Monster gewonnen hatte.“Heute steht sie vielleicht noch mal am Rand eines Umzuges, wenn ihre Neffen mitmarschi­eren. Ansonsten hält sie sich an zurück.

Die 49-Jährige wohnt auf der Furth, fährt (mit dem Rad!) oft durch den Tunnel am Bahnhof zu ihrem Atelier im städtische­n Atelierhau­s an der Hansastraß­e. Den Arbeitsrau­m teilt sie sich mit der Bildhaueri­n Michaela Masuhr. „Meistens ist nur eine von uns da“, sagt sie und erklärt auch, dass nicht allein finanziell­e Gründe für diese Art der Raum-Teilung sprächen. „Ich brauche den Austausch“, sagt sie, „und ich arbeite auch wahnsinnig gern in einem Team.“Dass es dafür eine gute Vertrauens­basis braucht, ist auch in ihren Augen eine Grundvorau­ssetzung. Im Schützenmu­sem sei die, so sagt Claudia Ehrentraut überzeugt, mit Britta Spieß auf jeden Fall gegeben.

 ?? FOTOS: HBM ?? Claudia Ehrentraut in ihrem Atelier an der Hansastraß­e. Dort teilt sich die Illustrato­rin einen Raum mit Michaela Masuhr.
FOTOS: HBM Claudia Ehrentraut in ihrem Atelier an der Hansastraß­e. Dort teilt sich die Illustrato­rin einen Raum mit Michaela Masuhr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany