Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Fröhliche Frauen auf der Tribüne
Parade gucken – der absolute Höhepunkt für die schützenfestbegeisterte Neusserin. Dafür wird sich schick gemacht und die Versorgung mit kühlen Getränken und kleinen Speisen in die Wege geleitet. Schließlich hat Frau aufregende Stunden vor sich.
Wer glaubt, dass nur die Schützen Gänsehaut bei der Parade spüren, wenn es gilt, möglichst akkurat am Schützenkönig vorbeizumarschieren, der irrt: Auch die Zuschauer auf den Tribünen erleben das erhebende Gefühl, Teil der Neusser Schützenfamilie zu sein. „Parade gucken“– das bedeutet auch für die Nüsser Röskes, sich schick zu machen und die kulinarische Versorgung vorzubereiten. Schließlich verbringt „frau“am Schützenfest-Sonntag mehr als vier Stunden auf der Tribüne.
Langweilig wird es aber nicht eine Sekunde, gleichgültig, welche Tribüne bevorzugt wird. Einige schwören auf die Sitzplätze vor dem Freithof am Löwen, direkt hinter König und Komitee, andere lieben die Inseltribüne bei Oebel, von wo aus Rathausbalkon und das Geschehen auf dem Markt gleichermaßen im Blick sind.
Egal, wo „frau“sitzt, auf die Einstimmung kommt es an: Viele Frauen treffen sich mit Freundinnen und Verwandten, um die Königsparade von der ersten Sekunde an zu genießen. Und das heißt, rechtzeitig dort zu sein, denn vor dem offiziellen Beginn mit dem Aufmarsch um 10.10 Uhr „pfuschen“sich die Scheibenschützen um kurz vor 10 Uhr vor. Einzelne Züge sind mit Musik-Begleitung schon früh auf dem Weg zum Antreteplatz, so dass Markt, Büchel und Oberstraße nie leer sind.
Die Minuten vor dem offiziellen Beginn auf dem Markt können die Frauen gut gebrauchen, um ihre mitgebrachten Speisen und Getränke – meist Sekt und Wasser – zu sor- tieren. Wohl denen, die an den Vordersitz Gläserhalter montiert haben und ihre Speisen in stapelbaren Boxen bereithalten. Die Auswahl ist vielfältig: Radieschen, Würstchen, Frikadellen, Käsewürfel, Quiche, Lachsröllchen, kleine Schnitzelchen oder Gurken – alles findet seinen Weg auf die Inseltribüne, an der die Schützen sehr nah vorbeilaufen, so dass beim Aufmarsch schon mal beiderseits gewunken wird. Bei der Parade verzichten die erfahrenen Nüsser Röskes natürlich auf die Störung des feierlichen Vorbeimarschs...
Denn diese fröhlich-feierliche Stimmung, die jedes Jahr Ende August Besitz von vielen Neussern ergreift, senkt sich unweigerlich auch auf die Tribünenbesatzung, ob mit oder ohne Hut: Es ist SchützenfestHoch-Zeit, und die freudige Erwartung der Parade ist mit positivem Lampenfieber zu vergleichen: Kurz noch mal den Stadtpatron Quirinus daran erinnern, dass bestes Paradenwetter eigentlich Pflicht wäre. Und wenn’s nicht klappt, machen die Neusser ihr Wetter selbst, halten stoisch im Regen aus oder ertragen die Hitze. Wenn dann die Hönesse der Jäger und Hubertusschützen ihre Blumenhörner hintereinander den Markt hochtragen, die Grenadiersänger mit „Wenn die Ernte ist vorüber“zum Hände-Hochwerfen bei „Kirmes, Kirmes“auffordern und die vereinigten Musiker der Fanfarenkorps ihren schönsten Marsch spielen – dann laufen einigen Damen sogar Tränen der Freude und Dankbarkeit über die Wangen: „Mädels, das ist Schützenfest!“Carina Wernig