Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eine Landschaft wie im Bilderbuch: türkisblaues Wasser, weiße Sandstrände und Pappeln
Auf geht’s. Doch bevor wir das Flüsschen Niers mit seinen malerischen Auen erreichen, müssen wir über Straßen und vorbei an einem Industriegebiet bis zum Nierswanderweg, den wir nach knapp zwei Kilometern erreichen. Die Niers war im 19. Jahrhundert zum Abwasserkanal verkommen. Vor allem die Textilindustrie und die rasant wachsende Bevölkerung in der Region hatten dazu beigetragen.
Dass den Wanderer heute wieder sauberes Wasser begleitet, ist der enormen Steigerung der Reinigungsleistung der Kläranlagen geschuldet. Und das kommt nicht nur bei Wanderern gut an. „Die Niers ist mittlerweile wieder Heimat 32 verschiedener Fischarten. Darunter Flussbarsch, Dreistachliger Stichling, Hecht und Brassen“, heißt es beim seit über 90 Jahren für die Wasserqualität zuständigen Niersverband.
Der Weg verläuft parallel zum Fluss, ist eben und mit Kies befestigt. Auch Radfahrer können ihn benutzen. Schon bald ist das erste Etappenziel erreicht: die mittelalterliche Klosteranlage Graefenthal. Hier stolzieren Pfauen und Hühner frei durch den Park, und auf der Terrasse mit Blick auf den Baggersee werden Dattelkuchen und Klosterbierkäse serviert. Das Graefenthaler Klosterbier müssen wir probieren. Der naturtrübe, süffige Durstlöscher ist bei Radfahrern und Wanderern besonders beliebt. Und was gibt es Schöneres als die Einkehr beim Wandern?
Nach einem StückWegstrecke begegnet uns ein junges Pärchen mit Esel. Und das Grautier gibt das Tempo vor. Beim Eselbauern in Kessel könne man es mieten, um die Langsamkeit zu entdecken, erzählen uns die beiden Dortmunder.„Sokrates“, so heißt der Meister der Ruhe, wird’s wohl schnuppe sein. Doch die jungen Wanderer sind ganz begeistert von ihrem Begleiter. Seine Laufgeschwindigkeit sei genau richtig, um von der Überholspur im Alltag herunter zu kommen, wieder genießen zu können – die Nierswanderung einmal philosophisch betrachtet.
Kurz vor dem Spargeldorf Kessel führt derWeg vorbei an Baggerseen, die zum großen Teil bereits renaturiert wurden. Eine Landschaft wie im Bilderbuch: türkisblaues Wasser, weiße Sandstrände und Pappeln, deren Blätter silbern in der Sonne glänzen.
Und die Naturschutzarbeiten an der Niers gehen weiter. An der kleinen Holzbrücke, über die wir später den Fluss queren werden, wird der einst künstlich begradigte Wasserlauf wieder in ein sich windendes Bett gelegt. Seit Februar wird daran gearbeitet. „So entstehen Nebenar- g er rb pe As me, Altarme, flache und steile Ufer, Ruhezonen für Tiere und Pflanzen sowie flachere und tiefere Gewässerbereiche. Auch der Hochwasserschutz wird so auf natürliche Weise verbessert“, erklärt Margit Heinz vom zuständigen Niersverband.
Bevor wir die Niers über die erwähnte kleine Holzbrücke queren und durch die Ausläufer des Reichswalds, übrigens der größte zusammenhängende öffentliche Staatsforst in NRW, zurück nach Goch laufen, noch ein kurzer Tipp für Wanderer, die während der Spargelsaison unterwegs sind. Im nahen Dorf Kessel sollte man das Spargelrestaurant Kuypers-Willemsen besuchen, das nur während der Saison geöffnet hat. Serviert wird im gediegenen Wohnzimmer der Familie.
Über gut ausgebaute Waldwege führt der Weg Richtung Aspermühle, eine ehemalige Wassermühle. Immer wieder fällt der Blick auf die Niers. Durch eine offene Feld- und Wiesenlandschaft sehen wir schon von weitem den neuen Kirchturm von St. Maria Magdalena. Nach einer weiteren Querung der Niers erreichen wir unseren Ausgangspunkt und haben noch Zeit, in einem Café auf dem hübschen Marktplatz diese schöneWanderung Revue passieren zu lassen.