Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der Wahlkampf ist auch ein Ringen um Einfluss und Anteile auf dem Markt der Religionen
schaftskandidatin Manuela D‘Ávila. Was vor ein paar Jahrzehnten noch undenkbar war, spielte sich anschließend ab: Der ehemalige Bürgermeister von São Paulo versprach, dass er nach einem Wahlsieg nach den Prinzipien der katholischen Kirche Politik machen werde.
Denn Haddad und die katholische Kirche haben einen mächtigen Gegner: Die evangelikalen Pfingstkirchen haben sich hinter den rechtspopulistischen Kandidaten Jair Bolsonaro gestellt. Der entspricht mit seinen Wahlkampfversprechen nahezu allen Grundüberzeugungen der freien evangelikalen Kirchen: Nein zur Abtreibung, Homosexualität ist eine Sünde. Falls er gewinnen sollte, werde er allen Organisationen die Fördermittel streichen, die Schwangerschaftsabbrüche unterstützen, ließ Bolsonaro wissen.
Der Wahlkampf in Brasilien – am 28. Oktober findet die Stichwahl statt – ist auch ein Kampf um Einfluss und Marktanteile. Die freien evangelikalen Pfingstkirchen sind inzwischen wahre Umsatzmaschinen. Die „Universalkirche des Königreichs Gottes“, 1977 in Rio de Janeiro gegründet, hat mehrere Mil- lionen Mitglieder. Ihr Gründer Edir Macedo ist zum Milliardär aufgestiegen, der die Gottesdienste von religiösen Showmastern moderieren lässt, die am laufenden Band erfolgte Wunder präsentieren.
Die „Weltkathedrale des Glaubens“in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro bedeckt eine Gesamtgrundstücksfläche von 72.000 Quadratmetern und hat einen eigenen Hubschrauberlandeplatz. Zu den Gottesdiensten in der rund 200 Millionen Dollar teuren Arena strömen mehrmals wöchentlich bis zu 14.000 Menschen. Was die Prachtbauten angeht, können es die Evangelikalen längst mit den katholischen Gebäuden aufnehmen. Darüber hinaus gibt es bis in die letzten Viertel der kleinsten brasilianischen Städte Niederlassungen der evange-