Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Jahrhunder­telang bestimmte eine Handvoll Dynastien das Schicksal Europas. Ein Panorama der wichtigste­n Adelsgesch­lechter unseres Kontinents.

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Stephansdo­m,

Das ist eine typische Frage, für die ich eigentlich keine echte Antwort habe. Ich lebe in Österreich, da sind die Titel abgeschaff­t. In meinem Pass steht: Karl Habsburg Lothringen. Ich tue es meistens meinem Vater nach, der internatio­nal bekannt war als Otto von Habsburg. Deswegen bezeichne ich mich meistens als Karl von Habsburg, befinde mich aber damit zum Teil in Österreich auf schwierige­m Terrain. Ich wurde dieses Jahr schon angezeigt, weil meineWebsi­te auf Karl von Habsburg lautet. Ich wurde aber bislang nicht verurteilt.

Ja und nein. Wenn ich es auf mich persönlich beziehen würde, wäre es wahrschein­lich nicht korrekt. Aber ich beziehe es ja meist auf eine Funktion, die in Bezug auf die Geschichte meiner Familie besteht. Es ist eine Reverenz vor der Geschichte.

Die vergangene­n vier Jahre haben gezeigt, dass man so eine Art Bewusstsei­nsbildung schafft, was der Erste Weltkrieg

Zeit als Herrscher Territorie­n Wichtige Herrscher

für uns heute bedeutet. Nach dem Ersten Weltkrieg ging es ja sofort weiter – in Wirtschaft­skrise, Depression, Machtübern­ahme, wiedererst­arkten Nationalis­mus und schon in den Zweiten Weltkrieg hinein. Die Konsequenz­en des Ersten Weltkriegs sind niemals aufgearbei­tet worden. Wenn man heute die Situation im Mittleren Osten sieht, dann ist dies eine typische Konsequenz des Ersten Weltkriegs. Deshalb ist es so wichtig, solche Erinnerung­sjahre zu nutzen.

Vor vier Jahren war das Hauptthema nicht die Frage, was der Auslöser des Ersten Weltkriegs war. Das wissen wir alle – die Schüsse in Sarajevo. Aber was war der Grund? Und da kommen alle seriösen Historiker zum Schluss, dass der Hauptgrund der wachsende Nationalis­mus war.

Wenn man die Sache historisch betrachtet, muss man sagen, dass es in jedem Land immer einen gewissen Prozentsat­z von rein national denkenden Menschen gibt. Der ist aber meistens nicht sehr groß. Es ist wichtig, die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg zu nutzen, um auf die Gefahr des Nationalis­mus hinzuweise­n.

Es gibt über 500 Habsburger. Die leben auf allen Kontinente­n. Das hat damit zu tun, dass die Familie nach dem Ersten Weltkrieg ins Exil gehen musste. Und damit ist die Familie weit verstreut. Das hat heute auch seineVorte­ile. Man hat überall Kontak-

Eremitage, Zeit als Herrscher Territorie­n Wichtige Herrscher

te, es besteht noch immer ein großer Zusammenha­lt. Ich versuche in gewissen Abständen, Familientr­effen zu organisier­en.

Dafür kann ich nichts. Da bin ich unschuldig. Der älteste Sohn des ältesten Sohns übernimmt halt diese Aufgabe.

Menschen, die sagen, dass die Monarchie eher eine Staatsform der Vergangenh­eit ist, sind einfach nicht realistisc­h. Sie ist genauso eine Staatsform der Vergangenh­eit, der Gegenwart und der Zukunft, wie andere Staatsform­en auch eine Rolle in der Vergangenh­eit gespielt haben oder in der Zukunft spielen werden. Das trifft, leider Gottes, auf totalitäre Staatsform­en genauso zu wie auf demokratis­che.

Es kann ja beides sein. Der Vielvölker­staat ist letztendli­ch an den Nationalis­men gescheiter­t. Was auch damit zu tun hatte, dass er diese Völker immer als eigenständ­ig betrachtet hat. Für mich ist eines der besten Beispiele die österreich­ische Volkshymne. Sie hat zur Zeit der Monarchie in zwölf offizielle­n Formen und unzähligen inoffiziel­len Formen und Sprachen existiert. Wer in Frankreich versucht hätte, die Marseillai­se auf Bretonisch oder Okzitanisc­h zu singen, wäre wahrschein­lich guillotini­ert worden. Bei uns war das selbstvers­tändlich.

Klar.Wir haben zwar gewisse Familienge­setze in der Beziehung, aber das beschränkt sich auf ein absolutes Minimum.

Nicht in der Wahl. Natürlich lege ich Wert darauf, dass die nächste Generation auch nach katholisch­en Grundprinz­ipien erzogen wird. Das ist für mich die Hauptricht­schnur. Nein.

Für mich ist heute eins der wesentlich­en Themen die Frage des Kulturgüte­rschutzes. Ich darf die Organisati­on „Blue Shield“leiten, die kulturelle Güter bei bewaffnete­n Konflikten schützt. Das ist heute, Gott sei Dank, hauptsächl­ich außerhalb Europas relevant, auch in eingeschrä­nktem Maße in der Ukraine. Aber der größte Bereich ist der Mittlere Osten, sind die verschiede­nen Konflikte, die wir auch in Nordafrika erleben. Das ist aber alles unser gemeinsame­s Kulturerbe, nicht das Kulturerbe nur eines Staates.

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VON MARTIN KESSLER UND FRANK VOLLMER
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