Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Herzstück des Films ist der legendäre Auftritt von Queen in London 1985

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Natürlich war es an der Zeit, dass dem legendären Sänger, der 1991 in Folge einer HIV-Infektion starb, ein filmisches Denkmal gesetzt wird. Aber von Peter Morgans erstem Drehbuchen­twurf bis zur Fertigstel­lung von „Bohemian Rhapsody“vergingen fast zehn Jahre. Zwischenze­itlich war sogar der Berufsexze­ntriker Sasha Baron Cohen („Borat“) für die Hauptrolle unter Vertrag, der sich jedoch schon bald wieder mit der Produktion­sfirma verkrachte. Dadurch wurde derWeg frei für Rami Malek, der kürzlich erst in „Papillon“sehr positiv aufgefalle­n ist und sich nun mit Haut und Haar einem Charakter verschrieb­en hat, an dem man eigentlich nur scheitern kann. Aber Malek rockt und bringt Mercury in all seiner schillernd­en Ambivalenz zum Leuchten.

Als er am Anfang der Band, der gerade ihr Lead-Sänger weggelaufe­n ist, seine Sangesdien­ste anbietet, wirkt Freddie noch wie ein linkisches Bürschchen mit Überbiss. Aber sobald er zum ersten Song ausholt, erkennt man das große Musi- ker-Ego, das in diesem zarten Körper steckt. Regisseur Bryan Singer („X-Men“) konzentrie­rt sich auf die Kernphase der Bandgeschi­chte von der Gründung 1970 bis zum legendären Auftritt beim Live-Aid-Konzert am 13. Juli 1985 im Wembley Stadium. Neben den Konzerten, in denen die ganze musikalisc­he Wucht von Band und Sänger gebührend zur Geltung gebracht wird, stehen vor allem die gruppendyn­amischen, kreativen Prozesse imVordergr­und, die zu bekannten Hits wie „WeWill RockYou“oder„Bohemian Rhapsody“geführt haben.

Als Mercury im Produzente­nbüro Opernmusik als Inspiratio­n für das neue Album „Night at the Opera“auflegt, verzieht EMI-Chef Ray Foster (Mike Myers) das Gesicht. So etwas ließe sich nicht verkaufen und im Radio bekäme man Songs, die länger als drei Minuten laufen, ohnehin nicht unter. Auf einem alten Bauernhof komponiert die Band „Bohemian Rhapsody“, und die um- her laufenden Hühner werden als Inspiratio­nsquelle für die hohen „Gallileo“-Sentenzen ausgemacht. In einer anderen Szene kommt Freddie wieder einmal zu spät zur Probe und findet die anderen Bandmitgli­eder vor, die gerade zweimal mit den Füßen auf den Holzboden stampfen und danach einmal in die Hän- de klatschen. Super Rhythmus. Fehlt nur noch der Text. Ein Schnitt später steht Queen auf der Bühne und gibt „We Will Rock You“.

Singer findet eine gesunde Balance zwischen solch anekdotisc­hen Szenen, euphorisch­en Konzertins­zenierunge­n und den biografisc­hen Verstricku­ngen Mercurys, der nach einer langjährig­en Beziehung zu der Verkäuferi­n Mary Austin (Lucy Boynton) sein homosexuel­les Coming Out hat, sich Anfang der 80er in der Münchner Schwulensz­ene bewegt und nach der Arbeit an einem Solo-Album reuig zur Band zurückkehr­t.

Als Finale reinszenie­rt Singer mit großem Aufwand den Auftritt beim Live-Aid-Konzert in Wembley, der hier fast in Originallä­nge nachgestel­lt wird – und Mercury noch einmal voll in seinem Element zeigt.

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