Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Cassilero erinnert an ganz große Turf-zeiten
Seriensieger aus dem Gestüt Erlenhof liebt die Galopprennbahn in Neuss. Am Samstag wird er dort von Filip Minarik geritten.
NEUSS Wenn am Samstag ab 11 Uhr in Neuss beim Finale der deutschen Galopp-saison 2018 der siebenjährige Hengst Cassilero mit Filip Minarik an den Start geht, dann ist mit diesem Pferd auch ein Stück deutscher Turfgeschichte präsent. Eine besondere Mixtur von Tradition und Fortschritt, denn dieses Pferd hat auch die Rennen in Neuss der letzten Jahre markant geprägt.
Seit 2015 hat er acht Rennen auf dem Neusser Sand gewonnen, viele Male war er platziert. Zuletzt am 11.Dezember 2018 als Zweiter hinter dem für höhere Aufgaben vorgesehenen Simon de Vlieger. Das könnte ihm am Samstag am Hessentor wieder einmal die Rolle des Wettfavoriten einbringen. Sein Trainer Karl Demme schwärmt: „Dieses Pferd ist ein Geschenk für jeden Trainer. Man kann sich auf ihn blind verlassen. Er gibt immer alles, Launen kennt er kaum. Den Kurs in Neuss mag er besonders gern.“
Für Karl Demme mit seinem 17-Pferde Stall in Köln ist Cassilero ein Leistungsträger. 19 Rennen hat Demme 2018 im Inland gewonnen, zuletzt am Zweiten Weihnachtstag in Dortmund mit Melodino – bis auf drei Siege alle mit Maxim Pecheur im Sattel, der in Neuss allerdings urlaubsbedingt fehlt. Filip Minarik vertritt ihn. Der Trainer stammt aus Hannover, war dort Hindernisreiter, betrieb danach eine populäre Kneipe in der Nähe der Rennbahn Neue Bult. Er machte sie dicht: „Als das Rauchverbot kam, lohnte es sich nicht mehr.“Er begann das Trainergeschäft in Frankfurt am Main und wechselte angesichts des drohenden Endes der Bahn zu Gunsten der Dfb-akademie nach Köln-weidenpesch. Die Basis sind die Pferde des mit großer Leidenschaft und ebenso viel Geld betriebenen Gestüts Heymann. Oft als bessere Feldfüller verspottet, hat Demme sie mit klugem Management zu vielen Siegen geführt. Seinen Stall hat das allerdings nicht entscheidend vergrößert.
Der Neuss-spezialist Cassilero gehört dem Gestüt Erlenhof der Familie Rothenberger, die bevorzugt im Dressursport zu Hause ist. Mit dem Namen Erlenhof ist am Samstag in Neuss ein Mosaiksteinchen deutscher Turfgeschichte vertreten. Das Gestütsgelände befindet sich im Ortsteil Dornholzhausen des Millionärs-wohnortes Bad Homburg vor der Höhe im Taunus. Im Jahre 1901 als Fohlenweide gegründet, übernahm es 1922 der Frankfurter Großindustrielle Moritz James Oppenheimer und taufte es Erlenhof. Für Oppenheimer gewann Graf Isolani 1929 das Deutsche Derby. Die große Erlenhofer-phase begann 1933 mit dem Besitz von Heinrich Thyssen-bornemisza (1921-2002) und später seiner Schwester, Mar- git Gräfin Batthyany (1911-1989). Sie waren Nachkommen von August Thyssen, dem Gründer des Walzwerks, aus dem (in einer Linie) der heutige Thyssen-krupp Konzern hervorging. In diese legendäre Ära fallen alein die Derbysiege von Athanasius (1934), Nereide (1936), Ticino (1942), Nordlicht (1944). Niederländer (1950), Neckar (1951), Orsini (1957), Fanfar (1963) und 1974 Marduk, den der am 5.Dezember 98 Jahre Jahre alt gewordene Hein Bollow trainierte. Im Sattel von Orsini und Fanfar saß Lester Piggott, der am 5.November 83 Jahre alt wurde. Er ist verheiratet mit Barbara Zindel (vorher Lady Barbara Fitzgerald), einer ehemaligen Vorzimmerdame von Hans-heinrich von Loeper, dem 91-jährigen, langjährigen Chefmanager des deutschen Rennsports.
Nach dem Tode der Gräfin Batthyany übernahm Hubertus Liebrecht das Gelände. Der Chef des Pharma-konzerns Boehringer in Ingelheim taufte das Gestüt in Erlengrund um. Dreimal wurden die Gebäude und viele Pferde Opfer von Brandstiftungen – der ganz große Erfolg war dem 1991 verstorbenen Einzelgänger nicht vergönnt. Anzillero mit Dave Richardson als Trainer war sein bestes Pferd. Buchstäblich im letzten Moment rettete die Unternehmer-familie Rothenberger das traditionsreiche Gelände als Gestüt, eine Verwendung als Golfplatz war so gut wie sicher. Mittlerweile steht dort der Dressur-sport im Vordergrund. Die Erinnerung an die Vollblutzucht wird durch Cassilero hochgehalten. In derverbands-statistik sind keine Erlenhofer-zuchtprodukte mehr zu finden.
ANALYSE Mit einer Niederlage und auf einem Abstiegsplatz verabschiedet sich Handball-zweitligist TSV Bayer Dormagen in die sechswöchige Wm-pause. Die statistischen Werte verheißen wenig Gutes für den Rest der Saison aus Sicht des Aufsteigers.