Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bis zu 185 Euro Kinderzuschlag pro Monat für arme Familien
Geringverdiener sollen mehr Geld vom Staat für ihre Kinder erhalten können, um nicht in Hartz IV zu fallen. Auch für den Schulbedarf gibt es mehr.
BERLIN (mar) Mit einem höheren staatlichen Kinderzuschlag und mehr Leistungen für den persönlichen Schulbedarf will die Bundesregierung bis zu vier Millionen Kinder aus einkommensschwachen Haushalten unterstützen. Familienministerin Franziska Giffey und Sozialminister Hubertus Heil (beide SPD) brachten am Mittwoch das „Starke-familien-gesetz“auf den Weg, das von Bundestag und Bundesrat noch gebilligt werden muss. Die Kosten für die verbesserten Sozialleistungen bezifferten die Minister auf 1,5 Milliarden Euro bis 2021, davon eine Milliarde für den erhöhten Kinderzuschlag.
Er soll verhindern, dass erwerbstätige Eltern – betroffen sind häufig Alleinerziehende – nur wegen des Unterhalts für Kinder auf die Hartz-iv-grundsicherung angewiesen sind. Bisher erhalten ihn 90.000 Familien mit insgesamt 250.000 Kindern. Ab 2020 sollen zusätzlich 190.000 Familien mit etwa 473.000 Kindern erreicht werden. Der Kinderzuschlag wird in zwei Stufen zum 1. Juli 2019 und zum 1. Januar 2020 reformiert. Er soll zusammen mit dem Kindergeld das steuerfrei zu stellende Existenzminimum eines Kindes erreichen, mit Ausnahme des Betrages für Bildung und Teilhabe, der gesondert gezahlt wird. Für 2019 wird dieses Existenzminimum auf 408 Euro im Monat beziffert. Der monatliche Höchstbetrag für den Kinderzuschlag wird demzufolge um 15 auf 185 Euro ab 1. Juli 2019 erhöht. Er soll künftig für sechs Monate bewilligt werden und nicht mehr nur monatsweise. Antragsformulare würden online zugänglich, versprach Ministerin Giffey.
Das Bildungs- und Teilhabepaket war 2011 eingeführt worden, nach- dem das Verfassungsgericht eine bessere Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern bei der Berechnung der Hartz-iv-regelsätze angemahnt hatte. Bedürftige Kinder, deren Eltern Hartz Iv,wohngeld oder den Kinderzuschlag erhalten, bekommen dadurch Unterstützung bei Bildungsausgaben wie dem Essen in Schule und Kita, Fahrgeld, bei Schulausflügen, Nachhilfe wie auch für Beiträge in Sportvereinen oder Musikunterricht. Derzeit sind es etwa 2,5 Millionen Kinder.
Die Inanspruchnahme der Leistungen soll künftig erleichtert wer- den. Der eigene Kostenanteil für Schulessen und für Schülertickets entfällt. Der Geldbetrag für den persönlichen Schulbedarf (Schulstarterpaket) wird um 50 Euro auf 150 Euro pro Schuljahr erhöht.
Der Kinderschutzbund begrüßte die Verbesserungen, kritisierte jedoch, dass die Antragsverfahren weiterhin für viele Anspruchsberechtigte zu kompliziert seien. Die Leistungen müssten zudem stärker angehoben werden. Kinderarmut könne überhaupt erst mit der Einführung einer Kindergrundsicherung wirkungsvoll bekämpft werden. Sie würde für jedes Kind sicherstellen, dass es mindestens das soziale Existenzminimum erhält. Auch Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund, lobte das Gesetz als „wichtigen und richtigen Schritt, um Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen“. Allerdings verhindere der vorgesehene Kostendeckel beherztere Maßnahmen.„die Kinderzuschläge müssen deutlich stärker angehoben und nach Kindesalter gestaffelt werden, da die Ausgaben für Kinder mit dem Alter steigen“, forderte Buntenbach.