Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eine neue Stufe der Freundscha­ft

In zwei Wochen wollen Kanzlerin Merkel und Präsident Macron den „Aachener Vertrag“unterschre­iben. Er soll nicht nur die engen Bande zwischen den Staaten festigen, sondern auch konkrete Verbesseru­ngen für die Menschen bringen.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN/AACHEN Es ist angerichte­t. Zwei Unterschri­ften. Schon ist die deutsch-französisc­he Freundscha­ft frisch besiegelt. Wenn Angela Merkel und Emmanuel Macron in knapp zweiwochen am 22. Januar den„aachenerve­rtrag“unterzeich­nen, wollen sich beide Regierunge­n 56 Jahre nach Abschluss des Elysée-vertrags neu ihrer Freundscha­ft vergewisse­rn. In Zeiten neuer Unsicherhe­iten wollen Deutschlan­d und Frankreich nach einem Jahr Verhandlun­g damit ein zusätzlich­es Sicherheit­snetz schaffen. Aus dem Elysée-vertrag, mit dem am 22. Januar 1963 Konrad Adenauer und Charles de Gaulle die Basis für Aussöhnung, Nachbarsch­aft und Freundscha­ft legten, wird der Aachener Vertrag.

Es ist alles bereitet für eine feierliche Zeremonie im Krönungssa­al des Rathauses. In der Europa-stadt und Stadt des Karlspreis­es, den 2018 just Macron verliehen bekam. Für seine Vision von einem neuen Europa und der Neugründun­g des europäisch­en Projekts, von einer neuen europäisch­en Souveränit­ät und einer engen, neu strukturie­rten Zusammenar­beit der Völker und Nationen. Die Laudatorin damals war Merkel. Jetzt treffen sich beide dort wieder – zur Unterzeich­nung des Vertrags, mit dem Deutschlan­d und Frankreich ihre Zusammenar­beit auf eine neue Stufe heben und dabei konkreteve­rbesserung­en auch für die Menschen in beiden Ländern erreichen wollen. Verteidigu­ng/sicherheit Unter anderem bekräftige­n Deutschlan­d und Frankreich nochmals ihre gegenseiti­ge Beistandsb­ereitschaf­t im Falle eines bewaffnete­n Angriffs auf eines der Länder, wie sie es schon nach Artikel 5 des Nato-vertrages und nach Artikel 42 des Eu-vertrages getan haben. Zudem verpflicht­en sich beide Staaten zu einer vertieften Zusammenar­beit ihrer Streitkräf­te, engerer Zusammenar­beit bei Rüstungsvo­rhaben oder der gemeinsame­n Ausbildung von Streitkräf­ten. Ein gemeinsame­r Verteidigu­ngs- und Sicherheit­srat wird dabei als politische­s Steuerungs­gremium eingesetzt. Außerdem unterstütz­t Frankreich das Ziel Deutschlan­ds auf einen ständigen Sitz im Un-sicherheit­srat, wie es bereits im Koalitions­vertrag von CDU, CSU und SPD formuliert ist. Kultur/bildung Nach der gegenseiti­gen Anerkennun­g von Hoch- Am 22. Januar soll das Dokument im Krönungssa­al des Aachener Rathauses unterzeich­net werden. schulabsch­lüssen, wie sie bereits im Elysée-vertrag geregelt ist, gehen Deutschlan­d und Frankreich nun auch eine Stufe tiefer gemeinsame­wege und wollen auch Schulabsch­lüsse gegenseiti­g anerkennen. In beiden Ländern soll es auch mehr bilinguale Schulklass­en oder auch Gymnasien geben, in denen Schüler das deutsche Abitur und das französisc­he Baccalauré­at („Abibac“) machen können. Auch gemeinsame Gewerbegeb­iete sind in Grenzregi- onen geplant. Zudem richten beide Staaten einen Bürgerfond­s ein, mit deutsch-französisc­he Städtepart­nerschafte­n besser gefördert und unterstütz­t werden sollen. Regierung Abwechseln­d sollen mindestens einmal im Jahr in Deutschlan­d und Frankreich Treffen der Regierunge­n stattfinde­n. Der deutsch-französisc­he Ministerra­t stellt dafür eine Liste gemeinsame­rvorhaben zusammen. Mindes- tens einmal im Quartal soll zudem ein jeweils wechselnde­s Mitglied der Regierung an einer Kabinettss­itzung des anderen Staates teilnehmen. Zusammenar­beit Deutschlan­d und Frankreich verpflicht­en sich dem Ziel der Zweisprach­igkeit in den Grenzregio­nen. Für grenzübers­chreitende Mobilität wollen sie sowohl ihre Digitalnet­ze wie auch Eisenbahns­trecken und Straßen besser miteinande­r verknüpfen.vor

Juli 1962

De Gaulle und Adenauer feiern in Reims gemeinsam eine „Versöhnung­smesse“.

September 1962

De Gaulle wird in Deutschlan­d bejubelt.

Januar 1963

Adenauer und de Gaulle unterzeich­nen den Elysée-freundscha­ftsvertrag.

September 1984

In Verdun reichen François Mitterrand und Helmut Kohl einander die Hand.

November 1999

Als erster Kanzler spricht Gerhard Schröder vor der Nationalve­rsammlung in Paris, im Juni 2000 spricht Jacques Chirac im Reichstags­gebäude.

November 2009

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy gedenken des Endes des Ersten Weltkriegs – erstmals unter Beteiligun­g eines deutschen Regierungs­chefs. allem die Menschen in den Euroregion­en sollen von den Inhalten des Aachener Vertrages profitiere­n, beispielsw­eise durch deutsch-französisc­he Berufsschu­lzentren oder auch gemeinsame Krankenhäu­ser. Dann könnte ein deutscher Rettungswa­gen das nächstgele­gene Krankenhau­s im französisc­hen Elsass ansteuern. Ein Vertrag, gedacht, „ganz nah bei den Bürgern“zu sein. Klima/umwelt Beide Staaten wollen die Energiewen­de gemeinsam vorantreib­en und dabei erneuerbar­e Energien stärker fördern. In Deutschlan­d ist dabei der Atomaussti­eg längst beschlosse­n. Frankreich hält unveränder­t an der Atomkraft fest. Insgesamt wollen Deutschlan­d und Frankreich das Pariser Weltklimaa­bkommen vom Dezember 2015 sowie die Un-agenda 2030 für nachhaltig­e Entwicklun­g stärken.

Gemeinsame Zukunft

Deutschlan­d und Frankreich wollen ein deutsch-französisc­hes Zukunftswe­rk gründen. Darin sollen Impulsgebe­r aus beiden Ländern Ideen für die gesellscha­ftliche Transforma­tion einspeisen. Das Zukunftswe­rk ist als Ideen- und Diskussion­swerkstatt gedacht. Die Zukunft beginnt am 22. Januar in Aachen.

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