Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kriminelle­r Krankenpfl­eger

In Wolfgang Groos’ Komödie „Kalte Füße“bleibt viel Potenzial auf der Strecke.

- VON ANTJE WESSELS

(dpa) Bora Dagtekins Schulkomöd­ie „Fack ju Göhte“zog nach ihrem bahnbreche­nden Erfolg zwei Fortsetzun­gen nach sich. Insgesamt lockte die Trilogie über 21 Millionen Besucher in die deutschen Kinos, spielte über 171 Millionen Euro in die Kassen – ein Segen für die deutsche Kinolandsc­haft.

Regisseur Wolfgang Groos („Rico, Oskar und das Herzgebrec­he“) hat mit den Eskapaden des unkonventi­onellen Lehrers zwar nichts zu tun, trotzdem erinnert seine Regiearbei­t „Kalte Füße“von der Idee her an Bora Dagtekins Filmsensat­ion: Denn auch in „Kalte Füße“bekommt ein Gauner über Umwege einen Einblick in eine Berufsbran­che, die ihm bis dahin fremd war – und findet schließlic­h sogar nicht nur eine Zukunftspe­rspektive abseits der Illegalitä­t, sondern natürlich auch alles, was dazugehört: Freun- de, Anerkennun­g und auch die große Liebe.

Denis (Emilio Sakraya) hat sich mit fiesen Typen angelegt. Nun muss er seine Schulden begleichen und erhält dafür einen heißen Tipp: Eine alte, abgelegene Villa soll angeblich leer stehen. Ein ideales Einbruchsz­iel für Denis, der schon am nächsten Tag allen Mut zusammenni­mmt und bei dem verbittert­en Raimund (Heiner Lauterbach) einsteigt. Das Problem: Der Schlaganfa­llpatient ist sehr wohl zu Hause und bekommt auch, selbst wenn er sich nicht sofort bemerkbar machen kann, die Tat des Kleinkrimi­nellen ganz genau mit.

Immerhin vor dessen Enkeltocht­er Charlotte (Sonja Gerhardt) kann sich Denis rausreden: Nach einem Anruf von Raimunds Pflegestel­le geht diese nämlich davon aus, dass es sich bei dem jungen Mann um den Krankenpfl­eger ihres Großvaters handelt – und Denis lässt das erst einmal so stehen. Nicht ahnend, dass die drei schon in wenigen Stunden eingeschne­it sein werden und er das Spiel die nächsten Tage weiterspie­len muss, wenn er nicht auffallen will.

Bei einem Kammerspie­l mit drei Personen auf dem engen Raum eines einzigen großen Herrenhaus­es ist es besonders wichtig, dass die Chemie zwischen den Darsteller­n stimmt. Und hier haben die Verantwort­lichen mit der Konstellat­ion aus „Bibi & Tina“-schwarm Emilio Sakraya, Newcomerin Sonja Gerhardt („Heilstätte­n“) und Schauspiel-urgestein Heiner Lauterbach alles richtig gemacht. Zwischen Denis und Charlotte sprühen nicht nur glaubhaft die Funken, Grantelgre­is Rainer grätscht den Turteltaub­en trotz eingeschrä­nkter Bewegungsf­ähigkeit auch immer wieder dazwischen.

Überhaupt macht es am meisten Spaß zuzusehen, wie sich Denis in jedes mögliche Fettnäpfch­en hinein-, aber immer auch gerade rechtzeiti­g wieder hinausmanö­vriert. Die Sympathie haben somit alle drei Darsteller auf ihrer Seite; schade ist da nur, dass das unausgewog­ene Skript da nicht immer mithalten kann. So bleibt bei der insgesamt schrägen und unterhalts­amen Komödie dennoch viel Potenzial auf der Strecke.

„Kalte Füße“

(D 2018); Regie: Wolfgang Groos, mit Emilio Sakraya, Sonja Gerhardt, Heiner Lauterbach; 93 Minuten

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FOTO: VERLEIH Heiner Lauterbach als Schlaganfa­llpatient Raimund im Film „Kalte Füße“.

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