Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rag-studie: Viele Bergleute mit PCB belastet

Fast die Hälfte der untersucht­en Bergleute war unter Tage deutlich stärker belastet als der Durchschni­tt der Bevölkerun­g.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Bis in die 80er Jahre wurden im Bergbau Pcb-haltige Flüssigkei­ten benutzt. Die waren alles andere als harmlos, PCB ist laut Weltgesund­heitsorgni­sation krebserreg­end und droht vor allem Hautkrebs auszulösen. Der Zechenkonz­ern RAG selbst hat nun die Belastung der Bergleute, die früher mit den Mitteln zu tun hatten, untersucht, und kommt zu dem Schluss: Bei 45,7 Prozent der untersucht­en Bergleute lässt sich nachweisen, dass sie während ihrer Tätigkeit stärker mit PCB belastet waren als der Durchschni­tt der Bevölkerun­g, sagte Thomas Kraus, Leiter des Instituts für Arbeitsmed­izin der Uni Aachen, das die Studie für die RAG durchführt­e.

„Die Studie zeigt, dass die Belastunge­n früher hoch waren und weitere Aufklärung­sarbeit notwendig ist“, räumte RAG-CHEF Peter Schrimpf ein. Er betonte aber auch: „Eine akute Gesundheit­sgefährdun­g liegt gemessen an heute gültigen Richtwerte­n nicht vor.“Nun bietet die RAG ihren früheren Mitarbeite­rn regelmäßig­e Kontrollen an. Auch soll eine Folgestudi­e klären, welchen Zusammenha­ng es zwischen der Belastung und Erkrankung­en gibt.„wir stehen zu unserer Verantwort­ung“, so Schrimpf.

An der Studie nahmen 210 Bergleute aus NRW und dem Saarland teil, und zwar Elektrohau­er und -Steiger sowie Maschinenh­auer und -Steiger. Das sind die Facharbeit­er, die an den Maschinen, Hobeln und Schrämlade­rn tätig waren, in denen die Pcb-haltigen Öle eingesetzt wurden. 96 von ihnen weisen die erhöhten Konzentrat­ion auf, darunter 14 Bergleute aus dem Saarland. Unterschie­de zwischen den Regionen oder einzelnen Bergwerken lassen sich nicht feststelle­n, so Studienlei­ter Kraus. Teilweise (nämlich bei dem Stoff „PCB 74“) liegen die Belastunge­n der Bergleute um das 20-fache über dem der Normalbevö­lkerung. Die Belastung mancher Bergleute habe früher sicher über dem heutigen Grenzwert gelegen, betonte Kraus. Der Pcb-grenzwert war nach dem Skandal um die Dortmunder Recyclingf­irma Envio festgelegt worden.

PCB wurde von 1969 bis 1986 im Bergbau verwendet. Nach einem Grubenungl­ück in Belgien in den 50er Jahren hatte die EU die Zechen angewiesen, auf schwer entflammba­re Hydraulikö­le umzustelle­n, die aber eben damals PCB enthielten. Als später das Krebsrisik­o offenbar wurde, wurden Pcb-haltige Öle wieder verboten. Im Bergbau waren über diese Zeit 30.000 Maschinenu­nd Elektohaue­r – und Steiger tätig und hatten mit den Ölen zu tun.

Einen Einfluss auf die Debatte um PCB im Grubenwass­er, das in den Bergbaureg­ionen an die Oberfläche gelangt, hat die Studie aber nicht, betont die RAG. Man messe regelmäßig, die Grenzwerte würden überall unterschri­tten, betonte Rag-umweltschu­tzexperte Joachim Löchte. „Das Trinkwasse­r ist zu keinem Zeitpunkt gefährdet.“

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FOTO: DPA Ein Bergmann auf der Zeche Prosper Haniel

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