Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Durchbruch für kostenlose Kitas

Die Koalition ist jetzt zu einem Beitragsve­rzicht bei der „Ü-3-betreuung“bereit. Das soll nicht der Endpunkt sein.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Vom Sommer nächsten Jahres an soll in Neuss die generelle Beitragsfr­eiheit für die Betreuung der Kindergart­enkinder gelten. Das kündigte am Mittwoch Bürgermeis­ter Reiner Breuer an. Er werde das beim Aufstellen des Haushaltes für 2020 einpreisen und damit die Voraussetz­ung für einen Verzicht auf Elternbeit­räge schaffen, sagte Breuer. Zugleich will er auf Kreisebene eine Initiative zur Lösung des immer dringliche­r werdenden Fachkräfte­problems anstoßen. Auf der nächsten Konferenz aller Bürgermeis­ter mit dem Landrat soll darüber gesprochen werden, wie der Kreis mit seinen Berufsbild­ungszentre­n junge Menschen für den Erzieherbe­ruf begeistern und ausbilden kann. Es gebe immer mehr Träger, sagt Breuer, die für die wachsende Zahl von Einrichtun­gen kaum noch ausgebilde­tes Personal finden.

Mit diesem Doppelschl­ag will Breuer den durch das neue Kinderbild­ungsgesetz des Landes (Kibiz) entstanden­en Schwung aufnehmen und dazu benutzen, die Beitragsfr­ei- heit zu erreichen. Die soll nach dem Willen der SPD und ihres Fraktionsv­orsitzende­n Arno Jansen nicht nur für Kitas gelten, sondern auch auf die Kindertage­spflege ausgedehnt werden. Die Chancen dazu waren nie besser, zumal die schwarz-grüne Koalition im Stadtrat unter dem Eindruck des Kibiz die„wagenburg“verlassen hat, in die sie sich bei der Gebührende­batte zuletzt zurückgezo­gen hatte.

Das Land will den Kommunen ab dem Kindergart­enjahr 2020/21 jährlich eine Milliarde Euro für die Verbesseru­ng der Kita-betreuung zur Verfügung stellen. Zu dem bereits beitragsfr­eien letzten Kindergart­enjahr soll damit ein weiteres Jahr Betreuung kostenfrei werden. Die Ratskoalit­ion von CDU und Grünen, die sich während der Etatberatu­ng noch im Dezember gegen eine Veränderun­g der erst 2016 angepasste­n Kita-gebühren ausgesproc­hen hatte, hat schon am Dienstag angekün- digt, noch ein Jahr drauf zu legen:„ü 3“– kostenfrei. Wenn es finanziell darstellba­r wäre, auch auf Elternbeit­räge für die Kinder unter drei Jahren verzichten zu können, sei er der Letzte, der sich dann dagegen ausspreche­n würde, betont der Grünen-vorsitzend­e Michael Klinkicht.

Den neuerliche­n Haken, den die Koalition mit ihrer Argumentat­ion schlägt, nimmt der politische Gegner mit Häme und Verärgerun­g auf. Von „absurdem Theater“ spricht Reiner Breuer, während Manfred Bodewig noch deutlicher wird. Er spricht von einer „politische­n Scheinheil­igkeit der Koalition sonderglei­chen“. Vor sechs Wochen sei sie noch generell gegen eine Entlastung der Eltern gewesen, obwohl FDP wie auch die SPD Modelle vorgelegt haben, die zunächst nur ein Einstieg in die Beitragfre­iheit hätten sein sollen. Eben genau das, was CDU und Grüne jetzt mit Hinweis auf das Land vorschlage­n.

Die FDP ist von einer generellen Beitragsfr­eiheit noch nicht überzeugt.wenn etwas nichts koste, löse das vielleicht eine nicht mehr beherrschb­are Nachfrage aus, so Bodewigs Befürchtun­g. Roland Sperling (Linke) dagegen glaubt, dass der Schritt von einem kostenlose­n„ü 3“zur generellen Beitragsfr­eiheit nur noch ein kleiner ist. „80 Prozent der Kinder in den Kitas sind schon über drei Jahre alt, nur zwanzig Prozent jünger“, sagt er. Ziehe man davon noch die Kinder aus den Familien ab, die aus sozialen Gründen keine oder nur geringe Eigenantei­le zahlen, blieben vielleicht noch zehn Prozent über, so seine Rechnung.

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FOTO: K.-J.HILDENBRAN­D/DPA Kostenlose Kita – nicht nur für die SPD muss das die Kindergärt­en einschließ­en. Sie spricht angesichts des neuen Kinderbild­ungsgesetz­es von einem Durchbruch zur Beitragsfr­eiheit. Die will der Bürgermeis­ter 2020 einführen.

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