Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Erinnerung an belgische Besatzung
Sonderausstellung im Stadtarchiv ist noch bis Ende März zu besichtigen
NEUSS (-nau) Aus seinem großen Bilderschatz hat das Stadtarchiv am Mittwoch eine Ansicht des Obertors auf seinem Facebook-profil veröffentlicht. Ein Obertor mit „nassen Füßen“. Denn mehrfach trat in den 1920er Jahren, als dieses Bild entstanden war, der Rhein über seine Ufer, so dass auch Teile der Stadt überflutet wurden. Ein solches Hochwasser hielt die Menschen auch im Januar 1926 in Atem, so dass sie – fast – zu beschäftigt waren, um an den Rückzug der belgischen Besatzungsarmee zu denken, der dann für viele überraschend in der Nacht zum 1. Februar erfolgte. Trotzdem stieg fast unmittelbar danach ein Fest – „mit großem Zapfenstreich, Sternmarsch und mitternächtlichem Glockengeläut“, wie Stadtarchivar Jens Metzdorf zu berichten sein. Dieser Jubel beendete die Besatzung, die am 4. Dezember 1918 begonnen hatte und das Leben der Neusser tiefgreifend veränderte.
An diesen mehr als sieben Jahre dauernden Abschnitt der Stadtgeschichte erinnert die aktuelle Ausstellung „An die Bevölkerung“, die noch bis zum 31. März zu sehen ist; immer montags bis freitags zwischen 9 und 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, Führungen können unter 02131 904250 verabredet werden. Erstmals zeigt das Archiv in dieser Sonderschau zum 100. Jahrestag des Kriegsende Dokumente aus der Besatzungszeit. Sie geben Einblick in den Alltag der Menschen in einer Zeit des Umbruchs und lassen auch erkennen, wo die Konfliktlinien zwischen Besatzern und Besetzten verliefen. Dazu dienen auch ausgestellte Plakate, mit denen der Bevölkerung Befehle und Verordnungen aber auch Verurteilungen bekannt gemacht wurden.
Die Ausstellung, ein Kooperationsprojekt mit dem Archiv der belgischen Stadt Leuven, dokumentiert auch die Ergebnisse des „Projekt- kurses Geschichte“am Marie-curie-gymnasium Neuss. Sie kreierten fiktive Menschen, die sie in abspielbaren Audiobeiträgen zu Wort kommen und über Alltagssorgen und Nöte jener Zeit berichten lassen. Natalia Korotkaya, Mitarbeiterin im Neusser Stadtarchiv, hat die Geschichten zusammengetragen und technisch aufbereitet.