Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Im Dschungel der Langeweile
Weder große Namen noch große Erwartungen. Der Tv-show im australischen Busch droht die zweiwöchige Ereignislosigkeit. Doch ein paar Faktoren machen Hoffnung.
DÜSSELDORF Der prominenteste Teilnehmer von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ist keine Person, sondern eine Stimme. Tommi Piper, der deutsche Synchronsprecher von Alf, gehört zu den zwölf Kandidaten, die am Freitag in den australischen Dschungel ziehen, um den Nachfolger vonvorjahresgewinnerin Jenny Frankhauser zu finden. RTL überträgt täglich, zur Eröffnung am Freitag ab 21.15 Uhr. Das Finale läuft am 26. Januar.
Neben Piper lässt sich das Etikett „Star“mit einiger Mühe nur Sybille Rauch anheften, der nach ihren Auftritten bei „Eis am Stiel“eine mehrjährige Karriere als Erotik- und Pornodarstellerin gelang. Die größte Leistung des Schlagersängers Peter Orloff war es, 1971 mit dem Song „Ein Mädchen für immer“auf Platz 16 der deutschen Charts zu landen. An Doreen Dietel erinnert man sich höchstens vage als Nebendarstellerin mittelguter Tv-serien und -Filme der Nuller Jahre, Felix van Deventer steht dem Vernehmen nach bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“vor der Kamera. Ein bisschen hip wollte RTL auch sein und holte sich eine Podcasterin ins Camp. Leila Lowfire quatscht offen über Sex. Immerhin reist auch eine Olympiasiegerin an. Sandra Kiriasis gewann 2006 Gold im Zweierbob.
Knapp die Hälfte der Dschungel-liegen füllt RTL mit Reality-tv-teilnehmern, also Menschen, deren einzige öffentliche Leistung darin besteht, es mal irgendwann mehrere Wochen vor einer Kamera ausgehalten zu haben. Bastian Yotta wanderte halbwegs erfolgreich in die USA aus und später nackt durch die Sendung „Adam sucht Eva“. Chris Töpperwien schaffte es ebenfalls nach Amerika, gründete dort ein Currywurst-franchise und landete in einer Auswanderer-sendung. Domenico de Cicco gewann beinahe das Herz der Bachelorette. Evelyn Burdecki hingegen wurde gleich in der ersten Folge vom Bachelor aussortiert, schlachtete danach aber einen angeblichen Flirt mit Leonardo Dicaprio so geschickt aus, dass sie nicht völlig in Vergessenheit geriet. Gisele Oppermann erhielt als sogenannte Heul-kandidatin bei „Germany‘s Next Topmodel“ihre 15 Sekunden Ruhm, doch der reicht ihr als einziger Teilnehme- rin nicht einmal zu einem eigenen Wikipedia-eintrag.
Der Mangel großer Namen lässt nicht unbedingt hoffen, dass die 13. Staffel die Langeweile der vergangenen Jahre beenden wird. Zu routiniert sind die Kandidaten mittlerweile, sie selbst haben die Sendung seit Jahren im TV verfolgen können. Viele von ihnen tingeln hauptberuflich durch C-prominenten-shows. Die Prüfungen sind im Normalfall nicht einmal Variationen, sondern Wiederholungen aus denvorjahren.
Doch drei Faktoren könnten trotzdem dafür sorgen, dass die Sendung wieder das Einschalten lohnt.
Der Gewinn
Immer wieder schraubt RTL ein wenig am Regelwerk, um Konflikte und damit Unterhaltung zu erzeugen. In diesem Jahr bekommt der Gewinner nicht nur seine vertraglich vereinbarte Gage, sondern zusätzlich 100.000 Euro. Wer früher zu D-mark-zeiten die Spielshow mit Ulla Kock am Brink gesehen hat, der weiß, dass schon die Jagd nach der Hälfte dieser Summe unterhaltsam sein kann. Für die meisten Dschungelbewohner dürfte es eine Menge Geld sein und deutlich über dem Betrag liegen, den sie für die Teilnahme erhalten.
Der Promi-mangel
Dass es an großen Namen mangelt, könnte auch zum Vorteil werden. Niemand kann sich auf seine Bekanntheit verlassen, jeder kann sich noch einmal neu erfinden. Zu den Highlights der Dschungelcamp-historie gehören die zwei Staffeln, in denen die zuvor eher unterprominenten Model-show-absolventen Sarah Knappik und Larissa Marolt mit großem Gezicke und überraschenden Weisheiten tagelang Gesprächsthema waren.
Bestehende Konflikte
Bastian Yotta und Chris Töpperwien haben sich bereits im Vorfeld öffentlich angegiftet. Da beiden kein Mangel an Testosteron nachgesagt wird, dürfte niemand von ihnen zügig einen Rückzieher machen. Außerdem fanden Domenico de Cicco und Evelyn Burdecki einst in der Sendung „Bachelor in Paradise“zusammen. Dass de Cicco kurz zuvor ein Kind mit einer anderen Frau gezeugt hatte, erfuhr Burdecki erst später. Davon erholte sich das junge Glück nicht mehr. Die Trennung gilt als nicht aufgearbeitet. Nach Ablauf der zweiwochen sollte bei den Zuschauern jedenfalls mehr in Erinnerung sein vom Dschungelcamp 2019 als jene Enthüllung, die RTL in dieser Woche selbst in Umlauf brachte. Der Wasserfall, unter dem die Promis duschen, wurde künstlich angelegt. Und wird nachts ausgeschaltet.