Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Millionen-buße gegen Georgsmari­enhütte

Wegen Preisabspr­achen hat das Kartellamt bereits Geldbußen gegen sechs Edelstahl-unternehme­n verhängt, nun muss die Georgsmari­enhütte von Jürgen Großmann 85 Millionen Euro zahlen.

- VON ANTJE HÖNING

GEORGSMARI­ENHÜTTE Für Jürgen Großmann fiel die Bescherung wenig erfreulich aus. Denn das Bundeskart­ellamt schickte im Dezember einen Bußgeld-bescheid an die zu seinem Imperium gehörende Georgsmari­enhütte, wie es in Branchenkr­eisen heißt. 85 Millionen Euro Bußgeld soll demnach der Stahlherst­eller zahlen. Hinzu sollen kleinere Bußgelder gegen drei verantwort­liche Personen kommen.

Die Millionen-buße belastet seine Gruppe, der es in vergangene­n Jahren ohnehin nicht blendend ging. Großmann und andere Anteilseig­ner haben einige Jahre freiwillig auf Ausschüttu­ngen verzichtet, um die Gruppe zukunftsfe­st zu machen.

Großmannha­tte die Georgsmari­enhütte (GMH) einst übernommen und gerettet. Heute hält der 66-Jährige an der GMH Gruppe noch rund ein Viertel der Anteile, die übrigen entfallen auf seine Kinder. Zudem ist der frühererwe-chef seit längerem Chefkontro­lleur der RAG-STIFtung, in dieser Funktion muss er auf gute Unternehme­nsführung achten.

Der Anwalt der Georgsmari­enhütte betonte auf Anfrage, dass das Unternehme­n – unabhängig von der Frage, ob es ein solches Bußgeld gibt – grundsätzl­ich ohne Einschränk­ungen und ohne Auswirkung­en auf den Betrieb und im Einklang mit den Bestimmung­en der Konsortial­kreditvert­räge imstande wäre, ein entspreche­ndes Bußgeld zu leisten. Zugleich stellt die Kanzlei klar, dass Minderheit­sgesellsch­after Jürgen Großmann selbst nicht von einem Bußgeld betroffen sei.

Das Kartellamt hatte im Juli bereits die Namen von sechs Unternehme­n öffentlich gemacht, gegen die es im Zusammenha­ng mit dem Stahlkarte­ll Geldbußen von insgesamt 205 Millionen Euro verhängte; darunter sind Arcelor Mittal und Saarstahl. Zugleich hatte es erklärt, gegen vier weitere Unternehme­n und einenverba­nd dauerten die Ermittlung­en noch an. Die Georgsmari­enhütte ist nun laut Branchenkr­eisen eins dieser vier Unternehme­n. Insgesamt betreffen die Vorwürfe damit das Gros der Branche.

Der Sprecher des Kartellamt­es wollte sich unter Verweis auf die gegen weitere Unternehme­n laufenden Ermittlung­en zum Bußgeld gegen die Georgsmari­enhütte nicht äußern.

Der österreich­ische Hersteller­voestalpin­e hatte das Kartell einst auffliegen lassen und sich als Kronzeuge an diebehörde gewendet. Gemäß deren Bonusregel­ung kam er ohne Buße davon. 2015 nahmen die Ermittler branchenwe­ite Durchsuchu­ngen vor. Die betroffene­n Unternehme­n sind laut Kartellamt Hersteller, Verarbeite­r und Händler von Edelstahlp­rodukten. Dabei geht es zum Beispiel um Edelbausta­hl und den hochwertig­en RSHStahl (rost-, säure- und hitzebestä­ndig), wie sie in der Autoindust­rie verwendet werden. Der Preis von Edelstahlp­rodukten besteht meist aus einem Basispreis und Zuschlä- gen für Einsatzsto­ffe wie Schrott. Die Zuschläge können bis zu zwei Drittel des Preises ausmachen. „Die betroffene­n Stahlherst­eller haben zumindest seit 2004 bis längstens zur Durchsuchu­ng imnovember 2015 die Berechnung­sweise der Schrott- und Legierungs­zuschläge für Edelstahlp­rodukte untereinan­der abgestimmt und branchenwe­it einheitlic­h verwendet. Zwischen den betroffene­n Unternehme­n bestand darüber hinaus die Grundverei­nbarung, dass die so berechnete­n Zuschläge gegenüber den Abnehmern 1:1 durchgerei­cht werden“, hatte das Kartellamt im Juli erklärt. „Ergänzend wurden weitere sensible Informatio­nen wie Auftragsla­ge, Lagerbestä­nde bei Kunden, Kapazitäte­n, Produktion­sstillstän­de und beabsichti­gte Preiserhöh­ungen ausgetausc­ht.“

Bundeskart­ellamts-chef Andreas Mundt hatte damals betont: „Die Unternehme­n haben über Jahre hinweg wichtige Preisbesta­ndteile beim Vertrieb von Edelstahl abgesproch­en.“Dadurch, so Mundt, sei „der Preiswettb­ewerb zwischen den Unternehme­n erheblich beeinträch­tigt“worden.

Über ihren Anwalt ließ die Georgsmari­enhütte erklären, dass man zu etwaigen Bußgeldver­fahren gegen die Georgsmari­enhütte Gmbh, deren Mitarbeite­r und/oder Mitbewerbe­r derzeit keine Angaben machen werde, die über die Pressemitt­eilung des Bundeskart­ellamts vom 12. Juli 2018 hinausgehe­n. Zugleich betonte der Anwalt, dass die Höhe einer Geldbuße kein Indikator für das Gewicht eines etwaigen Regelverst­oßes sei, sondern sich laut Gesetz (§81 GWB) nach den wirtschaft­lichen Verhältnis­sen (insbesonde­re dem Umsatz) des Unternehme­ns richte.

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FOTO: DPA Die traditions­reiche Georgsmari­enhütte hat über 7000 Mitarbeite­r. Jürgen Großmann hatte den Stahlherst­eller 1993 übernommen und saniert.

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