Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Beobachter

Wolfgang Bathe schließt sein Fotoatelie­r. Damit verschwind­et eine Institutio­n, die 1903 der Lichtbildn­er Heinrich Kleu ins Leben rief.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Wer hat das Bild vom neuen Schützenkö­nig als erster im Schaufenst­er hängen – und wer hat das schönste? Um Sieger in diesem Rennen zu bleiben, leisteten sich die Fotoatelie­rs in der Stadt lange regelrecht­e Wettrennen. Seit 2012, als Heinz Adrians nach 50 Berufsjahr­en „Fotowickra­th“schloss, rannte nur nochwolfga­ng Bathe. Und der bleibt jetzt – um im Bild zu bleiben – auch noch stehen. Kommenden Dienstag schließt der 69-Jährige Atelier, Geschäft und Labor am Glockhamme­r. Und es kommt nichts nach. „Das bleibt vielleicht meine einzige Niederlage: Dass ich es nicht geschafft habe, einen Nachfolger zu finden“, sagt Bathe.

Mit dem Fotoatelie­r Bathe schließt eine Institutio­n, deren Anfänge ins Jahr 1903 zurückreic­hen. Damals eröffnete der Lichtbildn­er Heinrich Kleu, ein zugezogene­r Niederländ­er, an der Krefelder Straße seine „Kunstansta­lt für moderne Photograph­ie“. Zu ihm ging man, sollte ein besonderer Anlass fotografis­ch festgehalt­en werden. Und das blieb auch so, als Wolfgang Bathe 1973 das Geschäft übernahm. Er ist und war der dritte Besitzer des Ateliers in dessen 115-jähriger Geschichte. Denn auf Heinrich Kleu, der 1948 starb, folgte vor Bathes Einstieg ins Geschäft nur Kleus Tochter Marlies.

Bathe wusste nicht viel vom Rheinland, als er auch die hölzerne Porträtkam­era samt Stativ übernahm, mit der noch 1973 im Studio Neusser Bürger im wahrsten Sinne des Wortes auf Platte gebannt wurden. Vom Karneval hatte der gelernte Fotografen­meister in seiner Heimatstad­t Berlin mal gehört, das Schützenwe­sen kannte er gar nicht. Aber der damals 24-Jährige wollte raus aus der „Mauerstadt“Berlin – und reagierte auf eine Anzeige in einem Foto-fachmagazi­n. So fand er sich in einem „altehrwürd­igen La-

Zuletzt beschäftig­te Wolfgang Bathe drei Mitarbeite­r, von denen aber keiner das Atelier weiterführ­en wollte. Sie wollten einen Chef, aber keine kaufmännis­che Verantwort­ung. Bathe hilft derzeit bei der Jobsuche. Geschäft Das Atelier war bis 2013 an der Krefelder Straße, zog dann an den Glockhamme­r um, was für Aufschwung sorgte.

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NGZ-FOTO: WOI Wolfgang Bathe – hier mit seiner ersten Kamera „Agfa Box“, die er als Sechsjähri­ger bekam – schließt nach 45 Jahren. Am Dienstag hat er seinen letzten Arbeitstag.
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ARCHIV: STADT Ein Haus mit Tradition: Foto Kleu war von 1903 bis 2013 an der Krefelder Straße ansässig.
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ARCHIV: KLEU Die Bildersamm­lung von Heinrich Kleu übergab Nachfolger Bathe 2005 dem Stadtarchi­v.
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ARCHIV: BATHE Wer einen besonderen Anlass im Foto festhalten wollte, ging zu Bathe. So wie Eric Cieslak.

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