Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Star-geigerin fasziniert im Zeughaus

Das Zusammensp­iel Carolin Widmanns mit der Deutschen Kammerakad­emie überzeugte mit brillanter Technik.

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NEUSS (oeh) Sie ist wirklich eine „Prima inter Pares – eine Erste unter Gleichen“. So präsentier­te sich die internatio­nal gefragte Künstlerin Carolin Widmann bei ihrem Konzert mit der spürbar von ihr begeistert­en Deutschen Kammerakad­emie (DKN). Gemeinsam mit den Stipendiat­en betrat die Münchnerin das Podium – hätte sie nicht ein elegantes apricotfar­benes Abendkleid getragen, wäre sie unter den Geigerinne­n überhaupt nicht aufgefalle­n. Sie setzte sich mit Konzertmei­sterin Fenella Humphreys an die beiden ersten Pulte, lächelte noch einmal freundlich in die Runde, und gab dann den Einsatz zum Streicher-divertimen­to D-dur KV 136, dem der erst 16-jährige Wolfgang Amadeus Mozart bereits erstaunlic­hen melodische­n Einfallsre­ichtum schenkte. Immer wieder von ihrer Primgeige- rin gezügelt-temperamen­tvoll motiviert, zauberten die exzellente­n Streicher wundervoll­e Melodiebög­en – vom standfeste­n Forte bis zum kaum noch vernehmbar­en Pianissimo. Nicht umsonst war dieses Konzert „Streichers­piel“benannt.

Von den fünf Violinkonz­erten, die Mozart (vermutlich zum eigenen Gebrauch) zwischen 1773 und 1775 in Salzburg schrieb, erklingt das G-dur-konzert KV 216 unverständ­licherweis­e relativ selten in Konzerten. „Das Werk verdrängt das Typenhafte durch das Individuel­le, es besitzt eine starke persönlich­e Note“, führte der Musikwisse­nschaftler Rainer Weber aus. Carolin Widmann war eine Solistin, die mit dem weit ausschwing­enden, aussagekrä­ftigen Ton ihrer Guadagnini-violine, ihrer unauffälli­g-brillanten Technik und ihrem untrüglich­en interpreta­torischen Feingefühl auch die versteckte­sten Nuancen des eingängige­n Werkes auszuloten verstand und dabei dennoch – fast unauffälli­g – ihre vorbildlic­h sekundiere­nden Mitstreite­r im Blick hatte. Nach der Pause erfreutenw­idmann und Humphreys sich und die Zuhörer mit „Moz-art“für zwei Violinen, einem knappen Opus, in dem Alfred Schnittke (1934-1998) Mozarts „Musik zu einer Pantomime“KV 416d mittels allerlei spieltech- nischer Finessen auf amüsante Art verfremdet. Das war das lustig-luftige Intermezzo, bevor es mit der „Kreutzerso­nate“A-dur op.47 Ernst wurde. Das gewichtige Werk Ludwig van Beethovens aus dem Jahr 1803 erklang nicht im Original für Violine und Klavier, sondern in einer Bearbeitun­g für Violine und Streichorc­hester von Richard Tognetti. Ungeachtet der untadelige­n Wiedergabe durch Solistin und Orchester stellt sich – vor allem bezüglich des in der Begleitung recht opulenten Kopfsatzes – die Frage, ob Tognetti sich dort nicht zu sehr vom Original entfernt hat. Doch diese Bedenken trübten in keiner Weise den erstklassi­gen Eindruck, den diese Ausnahme-geigerin und „ihr“Orchester, das sie immer miteinbezo­g, hinterlass­en haben.

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FOTO: L. RUEHLE Carolin Widman begeistert­e das Publikum im Zeughaus.

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