Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Auf Weltreise mit Pflanzen und Kräutern
Ein Gemälde von Botticelli im Kreiskulturzentrum Sinsteden? Das gibt es nicht alle Tage. Jetzt aber schon, auch wenn es sich „nur“um eine Reproduktion des Werkes „Primavera“(„Der Frühling“) handelt, das der berühmte italienische Maler im Jahre 1482 fertig gestellt hat. Dass das Bild quasi im Zentrum der neuen Ausstellung mit dem Titel „Teutscher Reis und Peper van Indien“steht, hat seinen Grund, wie Kathrin Wappenschmidt, die Leiterin des Kreiskulturzentrums an der Grevenbroicher Straße in Rommerskirchen, erklärt: „Das Gemälde ist nicht nur voller Symbole, sondern enthält unter anderem 40 Pflanzen- und Blumenarten, die auch identifizierbar sind.“Zu Botticellis Zeiten, in denen es auch eine Rückbesinnung auf Schriften und Errungenschaften aus der Antike gab, war diese detaillierte Darstellung neu und typisch für das wachsende Interesse an der Natur in der Renaissance; zuvor im Mittelalter durften Pflanzen nur als Symbole des Christentums dargestellt werden.
Das Bild schlägt somit eine Brücke zu den Pflanzen und Kräutern, denen die Schau gewidmet ist – und zwar solchen, die aus an- deren Ländern und Kontinenten nach Europa und konkret auch nach Deutschland kamen. Dies geschah im Zuge neuer Seewege und Entdeckungsreisen, und die Erfindung des Buchdruckes sorgte dar- über hinaus dafür, dass die neuen Kostbarkeiten auch dokumentiert wurden. In Sinsteden sind neben zahlreichen Pflanzenbildern mit Erläuterungen auch historische Kräuterbücher zu sehen, die die Universitätsbibliothek Münster als Leihgaben zur Verfügung gestellt hat.
Ein guter Wegweiser ist das Magazin zur Ausstellung, die aus Schloss Rheydt nach Rommers- kirchen „gewandert“ist. Es kostet 5 Euro und beinhaltet auf 60 Seiten informative und fachkundige Texte von Reinhard Feldmann, Kathrin Wappenschmidt und Karlheinz Wiegmann. Darin lässt sich nachlesen, welche hierzulande längst völlig gebräuchlichen Pflanzen eigentlich „Einwanderer“sind. Kartoffeln, Paprika, Erbsen und Bohnen sind nur einige Beispiele. Schmunzeln lässt die Geschichte vom „ersten Börsencrash“im Zuge des „Tulpenfiebers“, das mit dem Platzen der Blase 1637 ein abruptes Ende fand. Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor.
Stefan Schneider