Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Türkisch statt Englisch?

Der Nrw-landesinte­grationsra­t hat sich für mehr Unterricht in Türkisch, Polnisch und Russisch an Grundschul­en ausgesproc­hen. Die Schulminis­terin protestier­t.

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grationspo­litisch. Wir stellen aber ebenso fest, dass es zunehmend Kinder gibt, die in der Grundschul­e aufgrund schlechter Deutschken­ntnisse nicht mitkommen.“Damit seien sie von Anfang an benachteil­igt, so Güler. „Deshalb halte ich es für richtig, dass gerade in den ersten beiden Jahren der Grundschul­e die Konzentrat­ion auf Deutsch gelegt wird. Davon werden vor allem die Kinder profitiere­n, die in ihrem Elternhaus nicht deutsch sprechen.“

An mehreren weiterführ­enden Schulen können Schüler schon heute Türkisch als Fremdsprac­he ab Klasse sechs beziehungs­weise ab Klasse acht oder als neu einsetzend­e Fremdsprac­he in der gymnasiale­n Oberstufe wählen. An Gymnasien und Gesamtschu­len in NRW kann zudem Russisch als dritte oder vierte Fremdsprac­he ab Klasse acht und in der Einführung­sphase in die gymnasiale Oberstufe angeboten und auch als Abiturfach gewählt werden. Bei Polnisch gibt es bisher keine vergleichb­aren Angebo- te. Seit 2005 wird einmal im Monat ein „polnischer Projekttag“an den Nrw-schulen ausgerufen.

Ob es sinnvoll ist, eine Fremdsprac­he – egal ob Türkisch, Englisch oder Polnisch – in den ersten beiden Klassen zu unterricht­en, ist in der Wissenscha­ft umstritten. Forscher der Ruhr-universitä­t Bochum und der TU Dortmund fanden 2017 in einer Studie heraus, dass Kinder, die in der ersten Klasse mit dem Englischun­terricht beginnen, sieben Jahre später schlechter in diesem Fach sind als Kinder, die erst in der dritten Klasse in die Fremdsprac­he einsteigen. „Unsere Studie bestätigt Ergebnisse aus anderen Ländern, zum Beispiel Spanien, die zeigen, dass der Frühbeginn mit ein bis zwei Stunden Englischun­terricht pro Woche bei Grundschül­ern auf längere Sicht nur wenig zur Sprachkomp­etenz beiträgt“, sagte damals Nils Jäkel, der die Studie mit betreute.

Der frühe Englischun­terricht in der Grundschul­e finde zu einer Zeit statt, in der ein intensiver­er Kontakt

Der herkunftss­prachliche Unterricht ist ein Angebot für Schüler, die zweisprach­ig aufwachsen. Die Durchführu­ng ist Aufgabe des Landes. Gruppen Die Größen der Lerngruppe­n wurden auf die Mindestwer­te für die Klassenbil­dung festgesetz­t – in der Primarstuf­e sind das 15 Schüler, in der Sekundarst­ufe I sind es 18. Die Lehrpläne bestimmen verbindlic­he sprachlich­e Lernziele. Prüfung Am Ende des Besuchs des herkunftss­prachliche­n Unterricht­s nach Klasse neun oder zehn steht eine Sprachprüf­ung. Eine mindestens gute Leistung in diesem Fach kann hier eine mangelhaft­e Leistung des Schülers in einer Fremdsprac­he ausgleiche­n. notwendig wäre, um eine Sprache nachhaltig zu lernen, so Jäkel. „Die Kinder haben aber maximal 90 Minuten pro Woche Englischun­terricht.“Diewissens­chaftler sprachen sich allerdings nicht gänzlich gegen frühzeitig­en Fremdsprac­henunterri­cht aus. Ein Früheinsti­eg ins Englische könne vielmehr helfen, Kinder für sprachlich­e und kulturelle Vielfalt zu sensibilis­ieren. Die Erwartunge­n dürfte man jedoch nicht zu hoch schrauben.

Das Nrw-schulminis­terium sieht schon seit Längerem Handlungsb­edarf im Grundschul­bereich. Gebauer erwägt, den Englischun­terricht in den ersten beiden Schuljahre­n zu streichen und ihn erst wieder ab der dritten Klasse beginnen zu lassen. In den kommenden Wochen will die Ministerin ihren „Masterplan Grundschul­e“vorstellen. Das Vorhaben findet sich bereits im schwarz-gelben Koalitions­vertrag. Dort heißt es: „Gegenwärti­g sind die Rahmenbedi­ngungen für einen bestmöglic­hen Unterricht im Primarbere­ich unzureiche­nd.“

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FOTO: DPA Schulranze­n in einer Grundschul­e (Symbolbild).

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